PNN 21.3.14

Hoffnungsschimmer Affenclub

von Tobias Reichelt

Kleinmachnow - Lärm und Müll auf der Straße, Urin am Gartenzaun und Flaschen, die auf Autos flogen. Am Ende ist auch der letzte Versuch einer Party für die Jugend Kleinmachnows gescheitert, sagt Carolin Huder. Aus dem Fest an den Kammerspielen wurde ein Desaster: Ein Teil der Meute war außer Rand und Band, der Wachmann hilflos, die Nachbarn verärgert und die Polizei mit Blaulicht da. Damit ist es vorbei, sagt die Chefin der Kammerspiele. Der Traum vom Raum für Partys ist vorerst gestorben.

Kleinmachnow sucht wieder einmal nach einer neuen Bleibe für seine Jugendlichen. Vorwiegend geht es dabei um die Gruppe der 18 bis 27-Jährigen. Vor etwa eineinhalb Jahren wurde ihnen einer der letzten Rückzugsräume im Ort, der „Affenclub“ im Keller des Jugendzentrums „Carat“ am Rathaus, genommen. Die Macher der Kammerspiele wollten der Jugend zumindest ab und zu eine Ausweichmöglichkeit bieten, vergebens. Die Nachbarn spielen nicht mit, sagt Huder.

Weil aber bei Weitem nicht alle jungen Kleinmachnower die negativen Vorurteile gegen sie erfüllen, wird nun für sie im Ort nach neuen Freiräumen gesucht. Unter dem Motto: „Jugendzentrum in Sicht“ sollen bis zu den Sommerferien Kinder und Jugendliche in Kleinmachnow und Umgebung nach ihren Wünschen und Bedürfnissen für einen solchen Treffpunkt befragt werden. Das sagt Kerstin Stein vom Jugendclub Carat. Am Ende der Befragung könnte ein neues Jugendzentrum stehen, das besonders den Älteren unter den Jungen dienen soll, nicht nur für Partys, auch für Sport.

„Dass es den Bedarf dafür gibt, wurde bereits im Jahr 2011 festgestellt“, sagt Kerstin Stein. Damals hatte die Kommune eine Jugendentwicklungsplanung in Auftrag gegeben – schon damals wurden 1800 Jugendliche befragt. Das Ergebnis war unter anderem die Eröffnung des Schülercafés „Cupcake“ in der Hohen Kiefer. Zusätzlich wurde ein Streetworker angestellt. Aber reicht das?

Kerstin Stein sagt Nein. „Es fehlen weitere Orte für die Älteren.“ Der Jugendclub Carat richtet sich vor allem an Schüler im Alter von 10 bis 20 Jahren, das „CupCake“ an Jugendliche bis 18 Jahre. Zwar gibt es mit dem „Protolab“ im Meiereifeld einen Treffpunkt für Ältere, doch dort wird vor allem an Kunstprojekten gearbeitet. Ein Raum für Partys fehlt.

Das hat auch Kammerspiel-Chefin Carolin Huder festgestellt. Nach dem Aus sei die Enttäuschung bei den Jugendlichen groß gewesen – und nicht nur bei ihnen. Auch die Kulturgenossen der Kammerspiele hatten sich erhofft, die Jugend mit Feiern auch für andere Angebote der Einrichtung zu begeistern. Nicht umsonst laden Huder und Co. immer wieder junge Musikgruppen ein. Vom 8. bis 10. Mai soll an drei Abenden ein Wettbewerb mit Nachwuchsbands ausgetragen werden.

„Die Jugendlichen sind nicht alle schlecht“, sagt Huder. Es seien nur einige wenige. Umso mehr ist sie von den Erwachsenen im Ort und auch von den Nachbarn der Kammerspiele enttäuscht. Die Akzeptanz für die Jugend sei nicht da. „Die Pubertät ist eine Zeit im Leben, die wir alle durchlaufen haben“, sagt Huder. „Ich bin von den Menschen enttäuscht, die so wenig Toleranz zeigen.“

Immerhin zeichnet sich ein kleiner Hoffnungsschimmer ab: Ab April sollen die Räume des alten Affenclubs wieder öffnen. Einen ständigen Treffpunkt wird es im Keller unter dem Carat aber nicht geben, sagt Chefin Stein. Die renovierten Räume sollen ab und an vermietet werden. Dafür wurde dem Keller das Untergrund-Image vergangener Zeiten genommen, eine neue Beleuchtung, eine Musikanlage sowie dicke Türen eingebaut – damit die Nachbarn nichts hören.

Anders als die Kammerspiele hat der Jugendclub am Adolf-Grimme-Ring inmitten des neuen Kleinmachnower Zentrums noch keine Sorgen mit den Nachbarn, sagt Stein. Sie hofft, dass das so bleibt. „Wir sind schon seit 1998 hier.“ Der Jugendclub sei etabliert.

Das dachte auch Kammerspiel-Chefin Huder. „Die Kammerspiele stehen schon länger als viele Nachbarhäuser.“ Da könne es mal lauter werden – besser in den Kammerspielen als auf Spielplätzen wie am Rathausmarkt, wo sich Anwohner beschweren. „Für mich ist der Punkt erreicht, an dem die öffentliche Hand eingreifen muss“, sagt Huder. Damit Kleinmachnow seine Jugendlichen nicht ganz vertreibt. „Die erleben immer mehr Ablehnung und fühlen sich unerwünscht.“ Das könnte sich ändern, würden sie ihre Freiräume bekommen, sagt Huder.