PNN 17.10.13

Mehr Menschen, mehr Autos

von Kirsten Graulich

Zeit gespart. Vom Güterfelder Damm bis zur Friedrichstraße dauert es mit der S–Bahn 53 Minuten. Würde die S-Bahn nach Stahnsdorf verlängert, wären es 33 Minuten.

Experten empfehlen der Region Teltow, beim Land weiterhin auf den S-Bahn-Ringschluss zu drängen

Region Teltow - Um 45 Prozent wird die Bevölkerung in der Region Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf bis zum Jahr 2030 wachsen. Rund 65 300 Einwohner wird die Region dann haben. Das geht aus der Strukturanalyse des Verkehrsentwicklungskonzeptes hervor, das am Dienstagabend im Kleinmachnower Rathaus den rund 60 Zuhörern erstmals vorgestellt wurde. Der erfreuliche Anstieg macht aber auch das Dilemma deutlich: steigende Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur, es droht der Verkehrskollaps.

Denn auch der motorisierte Individualverkehr wird kontinuierlich steigen, da das Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel nicht ausreicht, wie Joachim Seiler von der Ingenieurgruppe für Verkehrswesen und Verfahrensentwicklung Aachen (IVV) im Konzept feststellt. Derzeit verfügen bereits ein Viertel der Haushalte in der Region über zwei und mehr Autos. Spitzenreiter ist Stahnsdorf mit 565 Autos pro 1000 Einwohner, in Teltow sind es 501 und in Kleinmachnow 495. Daraus folgern die Experten, dass die Defizite im ÖPNV-Netz besonders auf Stahnsdorf wirken. Und das betrifft Einwohner und Pendler gleichermaßen.

Doch aus Sicht der Verkehrsplaner bringe der Bau einer neuen L 77 mit der Verknüpfung zur Biomalzspange keine Entlastung. Zu dieser Auffassung war 2008 schon der Kleinmachnower Gemeindevertreter Jens Klocksin (SPD) gekommen, der das Diskussionsforum am Dienstag moderierte. Das Vorhaben ist in Teltow und Stahnsdorf per Beschluss bereits manifestiert, das Land sieht derzeit keine Chancen zur Finanzierung.

Wie schwierig sich politische Willensbildung zum Thema Verkehr gestaltet, zeigte die anschließende Diskussion. Kommunalvertreter warfen sich gegenseitig vor, die Anbindungen in der Region zu blockieren. So würden in Teltow Schienen herausgerissen, obwohl eine Tram nach Potsdam eine Alternative wäre, wie es im Konzept heißt. Dagegen hätte es Stahnsdorf versäumt, die planungsrechtlichen Instrumente zu nutzen, um die Trasse für den Ringschluss der S-Bahn freizuhalten. Nicht nur Verkehrsingenieur Seiler sah daher Korrekturbedarf, vor allem in der gemeindeübergreifenden Zusammenarbeit.

Es fehle eine gemeinsame Wirtschaftsförderung, die auch die Standorte vermarktet. Positiv hob er hervor, dass die Region das Busnetz optimiert habe und im Ergebnis seit 2010 ein Zuwachs von 25 Prozent beim Verkauf von Fahrkarten verzeichnet wurde. Lob gab es auch für die Radwege. Bemängelt wurde aber noch deren Ausbaustandard an Knotenpunkten.

Ebenso ausbaufähig seien Abstell- und Serviceeinrichtungen für Räder, denen Seiler ein hohes Potenzial als Zubringer zum ÖPNV attestierte. Er empfahl die örtlichen Konzepte für Radwege zusammenzuführen. Auch von Absagen aus den Ministerien zum S-Bahnausbau solle die Region TKS sich nicht entmutigen lassen, sondern die eigenen Planungen konsequent vertiefen, riet Seiler.