PNN 24.8.13

KulTOUR

Binnenblicke vom Ebay-Team

von Gerold Paul

Kleinmachnow - Kleinmachnows Gewerbepark Europarc, auf dem Areal der ehemaligen „Grenzabfertigungsstelle Dreilinden“ gelegen, ist unübersehbar für jeden, der auf der Autobahn 115 Richtung Berlin fährt. Ein recht weitläufiges Gelände, ein spannender Ort, schließlich siedeln hier etliche Firmen von internationalem Rang, und Platz für weitere wäre noch im weitläufig angelegten Straßensystem. Vielgeschossig die dazu passenden Gebäude, doch wirken sie von außen her ziemlich verschlossen.

Am Marktplatz 1 ist jenes Unternehmen zu Hause, deren vierbuchstabiges Logo der Farbenfolge rot, blau, gelb und grün eigentlich jeder kennt: Ebay. Dem Internet-Auktionshaus gehören gleich fünf Gebäude vor Ort, Raum für etwa eintausend Mitarbeiter. Sie alle, erzählt Michael Jones, hätten natürlich ein Smartphone in der Tasche, und da er in der Kantine des Hauses „J9“ ohnehin seit vier Jahren Fotoausstellungen organisiert – die letzte stammt von Jason Pritchard – verfasste der Brite kurzerhand einen Aufruf an die Tausend, mit ihrem smarten Phone, welches ja bekanntlich Kamera, Fotolabor und communitytauglich in einem ist, drinnen und draußen einfach mal ein paar Fotos für die nächste Exposition zu machen.

Die Anteilnahme der Belegschaft war groß, die eingereichten Arbeiten höchst zahlreich und am Donnerstag war die kleine Vernissage am besagten Ort „J9“.

Erstaunlich, was Jones und seine Helfer unter dem Titel „Sehrunden“ ins Licht brachten, hat gewiss noch keiner von der Ebay-Gruppe „so“ gesehen: alles irgendwie ein bisschen futuristisch, kosmisch oder surreal. Toll also, bis hin zu den Fotos der fahlbunten Fische im trüben Aquarienwasser-Gebräu!

Nun wird der Binnenblick der Ebay-Mannschaft sicherlich ein anderer sein als der eines von draußen Kommenden, allein schon wegen des Wiedererkennungs-Effekts, aber das wird ja auch niemandem schaden. Die Hausecke eines der Gebäude scharf wie ein Rasiermesser, ein anderes wie zur Seite gekippt, Panoramablicke der Anlage im trübe düsteren Licht des Abends – man lebt ja schließlich auch im Abendland!

Dann ein ruhiger Blick aufs künstliche Biotop mit der großen Holzskulptur und der rot gestrichenen Brücke, ein „verkehrtherum“ aufgenommener Treppenaufgang und eine Deckenstruktur, die irgendwie Ufo-kosmisch anmutet, dies in Schwarz-weiß übrigens, was ja die Rückführung des ursprünglichen Farbbildes durch Apps bedeutet. Aber darin sind die Internet-Spezialisten ja Meister.

Die „farblosen“ scheinen übrigens ausdrucksstärker zu sein. Am schaurigsten wohl die Silhouette des Wolfes mit dem sonnenbrennenden Auge. Nun, da sage noch einer, man müsse jahrelang Fotografie studieren, um gute und anspruchsvolle Bilder zu bekommen!

Verpackt ist das alles in zehn Doppelrahmen, jeder mit zwei Fotos „Inhalt“ und dazugehörenden Autorenkürzeln, wie sie das Internet will: TiNa zum Beispiel, belperskelter, haikokunz, kickin oder mjones. Ein paar poetische Titel wären hübscher gewesen, aber das kann ja noch werden. Wie auch immer, teils hat man es mit Originalfotografien zu tun, teils auch mit digitalen Bildbearbeitungen. Wie schon bei den vorigen, so werden auch die Fotos dieser Ausstellung nach langer Laufzeit für karitative Zwecke versteigert – im Internet, wie sonst!

Zu wünschen wären dieser manchmal fast exorbitanten Schau mehr Besucher, als es die täglichen Mittagszeiten im „J9“ von halb zwölf bis vierzehn Uhr zulassen, Sicherheitsgründe! Also raus aus dem Ebay-Campus und rein in die Welt! Gerold Paul