PNN 13.05.2013

Mehr Straftaten, weniger Polizei

von Kirsten Graulich

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Polizeiwache in Teltow. Künftig soll es Schließzeiten geben.

CDU-Landtagsfraktion diskutierte in Kleinmachnow über regionale Auswirkungen der Polizeireform

Teltow - Im Teltower Polizeirevier soll es künftig Schließzeiten geben. Noch ist das Revier rund um die Uhr geöffnet, das soll sich im Zuge der Polizeireform bald ändern. Das gab Björn Lakenmacher, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, während eines Bürgerforums Dienstagabend in Kleinmachnow bekannt. Die CDU-Landtagsfraktion hatte ins Rathaus eingeladen, um zum Thema „Polizeistrukturreform und Personalabbau – Wie sicher leben wir in Potsdam-Mittelmark?“ zu diskutieren. Etwa 50 Bürger waren der Einladung gefolgt.

Einige sind bereits selbst Opfer steigender Kriminalität geworden. Unfassbar klang daher die Ankündigung von „bedarfsgerechten Öffnungszeiten“ des Reviers, mit denen gleichzeitig Personal abgebaut werden soll. So wurde bekannt, dass von den im letzten Jahr 58 Bediensteten in diesem Jahr noch 54 im Revier tätig sind und der Bestand bis 2020 auf 51 gesenkt werden soll. Demgegenüber stehen 6002 Straftaten im Jahr 2012, eine Steigerung von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr. So sei die Zahl der Wohnungseinbrüche auf 240 gestiegen, berichtete Lakenmacher. Ein Jahr zuvor waren es im Polizeirevier Teltow 166. Dass die Diebe dreister werden und zunehmend am helllichten Tage auf Beutezug gehen, oft ganze Siedlungsstraßen durchkämmen, zeigen die Zahlen der Tageswohnungseinbrüche. Die haben sich voriges Jahr verdoppelt auf 144.

Wie es um das Sicherheitsgefühl vieler Bürger steht, zeigte die Wortmeldung einer älteren Dame, die nach zwei Stunden für sich das Fazit zog: „Für mich stellt sich nicht mehr die Frage, ob ich einmal Betroffene eines Wohnungseinbruchs werde, sondern nur noch, wann.“ Aber auch Firmen geraten immer stärker ins Visier von Kriminellen, wie Tilo Schneider von der Industrie- und Handelskammer berichtete. Umfragen hätten ergeben, dass neben Kabeldiebstählen und Vandalismus die Internetkriminalität zunehme. Dabei würden über Hackerangriffe Daten ausgespäht.

Manche Unternehmen werden gleich mehrfach im Jahr Spionageopfer. Oft sind die Wirtschaftsspione klein und als Werbegeschenk beliebt: USB-Sticks. „Ich rate jedem ab, ein solches Geschenk zu nutzen“, warnte Schneider. Denn so ein Stick, infiziert mit einem Trojaner, nistet sich im Firmennetz ein und greift via Internet Daten ab. Der Schaden sei für viele Unternehmen existenzgefährdend. Auch Diebstahl und Brandstiftung können die Existenz kosten, vor allem wenn bei Wiederholungen die Versicherung nicht mehr zahlen wolle.

Bei kleineren Diebstählen würden die meisten sich nicht die Mühe machen, Anzeige zu erstatten. Dieses Verhalten, meint Tilo Schneider, führe dazu, dass es besonders bei Ladendiebstählen eine Dunkelziffer gebe, die in keiner Statistik auftauche. Die Debatte bestätigte, dass viele Straftaten erst gar nicht zur Anzeige kommen würden. „Die Betroffenen überlegen, ob sie den Aufwand betreiben, zur Polizei zu gehen“, meinte die CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig, die das Forum moderierte. Denn viele hätten berechtigte Zweifel, dass die Tat aufgeklärt werden kann.

Laut Statistik liegt die Aufklärungsquote bei Kfz-Diebstählen in der Region bei 25 Prozent und 13,3 Prozent der Wohnungseinbrecher werden gefasst. Dass nur jeder zweite Wohnungseinbruch kriminaltechnisch untersucht wird und die Treffer bei der Spurensuche unter 10 Prozent liegen, berichtete Riccardo Nemitz vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Er wisse von Familien, in deren Eigenheim dreimal eingebrochen wurde und die daher überlegen, aus der Region wegzuziehen.

Die letzte Strukturreform sei die bislang einschneidendste gewesen, sagte er: „Das gleicht einem Kartenspiel, das man in die Luft wirft.“ Aus seiner Erfahrung müsse vor allem die Ausbildung der Kriminalisten besser werden, die seit den 90er-Jahren mit den Schutzpolizisten erfolge. Diese Einheitsausbildung (PNN berichteten) erweise sich in der Praxis als Katastrophe, da Ermittlungen nicht mehr so intensiv geführt würden.

Kritik gab es in der Diskussion auch an der Auflösung des Rechtsmedizinischen Institutes, dessen Aufgaben die Pathologiestation eines Krankenhauses übernehmen soll. „Wer nun auch noch eine Einheitspathologie will, kann nur fachfremd sein“, so Lakenmacher. Er will gemeinsam mit Ludwig bei der Evaluierung der Reform dafür eintreten, den Irrweg zu beenden und den Personalabbau zu stoppen.