PNN 1.2.2013

Teltow bereitet sich auf Asylbewerber vor Sprachkurse, Kitaplätze, Integration – Stadt denkt über das Umfeld für 200 Zuzügler nach

von Kirsten Graulich

Teltow – Am nächsten Montag werden die ersten 40 von insgesamt 160 Asylbewerbern in den kürzlich sanierten Fünfgeschosser an der Iserstaße / Ecke Potsdamer Straße einziehen. Wenige Tage zuvor hätten sich der Landkreis und die Stadt Teltow auf einer ersten Sicherheitskonferenz dazu verständigt, informierte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) auf der Sitzung der Stadtverordneten am Mittwochabend. „Trotzdem gibt es noch viele Fragen, die bislang unbeantwortet sind“, so Schmidt. Dolmetscher würden dringend gebraucht, Deutschkurse müssten wohnortnah angeboten werden.

Der parteilose Stadtverordnete Wolfgang Köhn hielt die Konzentration so vieler Flüchtlinge in zwei Gebäuden für keine gute Lösung: „Damit verletzt der Landkreis das Prinzip der dezentralen Unterbringung und erschwert die Integration.“ Köhn sprach sich dafür aus, einen Teil der Flüchtlinge auf andere Orte zu verteilen. Auch FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz meinte: „Nicht die Zahl der Asylbewerber ist für Teltow das Problem, sondern deren räumliche Konzentration.“ Götz dringt auf Konzepte, um die Situation wenigstens etwas abfedern zu können.

Zwar wolle der Landkreis für zwei Ansprechpartner vor Ort sorgen, aber die Kommune muss im Vorfeld noch einiges organisieren, damit das Integrationsprojekt gelingen kann. So sind unter den ersten Flüchtlingen auch elf Kinder unter 18 Jahren, davon sind sechs schulpflichtig. Für die anderen müssen Kitaplätze bereitgestellt werden. Schmidt sprach in der Diskussion auch den Mangel an Wohnraum in der Stadt an.

Ursprünglich war der sanierte Block mit rund 60 Zwei- und Dreiraumwohnungen vor allem für Teltower Senioren vorgesehen. Mit der Vermarktung hatte der Eigentümer den Stahnsdorfer Immobilienmakler Peter Weis beauftragt, der das Projekt umfangreich bewarb. „Die Leute sind mir regelrecht hinterhergerannt“, sagte Weis gegenüber den PNN. Als er die ersten 30 Verträge mit der Post versandt hatte, stoppte ihn sein Auftraggeber, der nun ein anderes Angebot vorzog. „Der Landkreis hatte ihm eine Mietgarantie von fünf Jahren zugesichert, da hat der natürlich zugegriffen“, zeigt Weis Verständnis, obwohl er selbst bei diesem Geschäft leer ausgehen wird.

Weis hat seine Werbeschilder längst abgebaut, doch zwei neue Schilder an der Straßenseite des Grundstückes offerieren bereits weitere Immobilienangebote auf dem Gelände als geeignete Wohnanlage mit Service für Senioren. Die Grundstücksanzeige einer Hamburger Firma umfasst rund 3700 Quadratmeter und liegt hinter den drei Blöcken. Der dritte Block, so war in der Sitzung zu hören, wird derzeit instand gesetzt, denn bis Jahresende sollen, so die jüngsten Zahlen, 198 Asylbewerber nach Teltow gezogen sein. Ein Großteil von ihnen kommt aus dem zentralen Auffanglager Eisenhüttenstadt, rund 40 Flüchtlinge sollen aus Bad Belzig umziehen.

Die drei Blöcke waren zu DDR-Zeiten als Internat für die Lehrlinge der Geräte- und Reglerwerke errichtet worden. Vor 15 Jahren wurde der erste Block schon einmal als Asylbewerberheim genutzt. Heute sind die Unterkünfte komfortabler, auch weil es sich um kleine abgeschlossene Wohnungen handelt, was die Stadtverordneten als Fortschritt werteten. Dass einige Teltower mit üblen Hetz-Tiraden per E-Mail auf den Zuzug reagierten, sieht man nicht nur im Rathaus mit Sorge.

Doch die fremdenfeindlichen Äußerungen bewirkten auch Positives. Bürgermeister Schmidt berichtete in der Sitzung, dass sich viele Teltower Vereine und Initiativen, ebenso die Kirche gemeldet hätten, um sich am Integrationsprojekt zu beteiligen. Aus Kleinmachnow kam das private Angebot, zum Willkommen einen Kuchen zu backen und sich zu engagieren. Kirsten Graulich