pnn 5.12.12

 

Für Volksentscheid gerüstet Bürgerinitiativen sind enttäuscht von Reaktionen der Landespolitik auf das erfolgreiche Volksbegehren

von Hagen Ludwig

Potsdam-Mittelmark – Die Fluglärmgegner bereiten sich auf einen Volksentscheid vor: Vertreter der Bürgerinitiativen haben sich gestern enttäuscht über die Reaktionen der Landespolitik auf das erfolgreiche Volksbegehren für ein strenges Nachtflugverbot in Schönefeld gezeigt. Bereits einen Tag nach der Stimmauszählung ist am Dienstag klar geworden, dass die rot-rote Koalition in Brandenburg das Volksbegehren für ein Nachtflugverbot am BER von 22 bis 6 Uhr im Landtag ablehnen will. Stattdessen wurde ins Feld geführt, dass Brandenburgs Regierung auf ein europa- und deutschlandweit einheitliches Nachtflugverbot drängen werde.

Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Bürgerinitiative und des Aktionsbündnisses gegen Fluglärm, bezeichnete dieses Argument gestern gegenüber den PNN als ein Placebo. „Ein bundesweites Nachtflugverbot wäre ja schön, doch jeder muss zunächst vor seiner Tür kehren, und in Schönefeld sollte der Anfang gemacht werden“, so Schubert. Er befürchtet, dass jetzt getrickst werde und sich jede Landesregierung hinter der anderen verstecke. Das von SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher angeführte Argument, dass nur so Wettbewerbsnachteile für einzelne Airports vermieden werden könnten, bezeichnete Schubert als Unfug. „Schönefeld ist als mittelgroßer Verkehrsflughafen geplant worden und kann nicht in den Wettbewerb mit internationalen Drehkreuzen treten. Dann hätte man den BER an anderer Stelle bauen müssen“, so der Initiativensprecher.

Unfair nannte es Schubert, dass Vertreter der rot-roten Regierungskoalition erklären, sie hätten Probleme mit einem Passus im Text des Volksbegehrens, wonach Nachtflugverkehr von Schönefeld auf andere Flugplätze in Brandenburg verlagert werden solle. „Eindeutiges Ziel des Volksbegehrens ist ein Nachtflugverbot in Schönefeld und nicht der Bau neuer Flughäfen“, so Schubert. Er räumte jedoch ein, dass die Hereinnahme dieses Abschnitts aus heutiger Sicht ein Fehler sei. Allerdings habe er keine selbstständige Bedeutung. Man habe mit dem Passus von vornherein das Argument entkräften wollen, dass mit dem Volksbegehren nur etwas kaputt gemacht werden solle. „Aber der Landtag muss nicht in Gänze über das Volksbegehren abstimmen. Wenn er ein Nachtflugverbot in Schönefeld beschließt, werden wir keinen Volksentscheid mehr anstreben, das wissen auch die Landtagsabgeordneten.“

So sieht es auch der Sprecher der Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“, Peter Kreilinger. In dieser Initiative sind Einwohner von Werder (Havel), Schwielowsee, Michendorf und Nuthetal vereint. „Tatsache ist, dass die Betriebsgenehmigung für den BER noch nicht rechtskräftig ist. Landesregierung und Landtag haben es jetzt in der Hand, sich zum Nachtflugverbot zu bekennen und im Sinne der Bürger zu handeln“, so Kreilinger. Insbesondere die Linken würden mit ihrer Argumentation jetzt vertuschen wollen, dass sie nicht bürgerfreundlich handeln. Laut Kreilinger bestehe ohnehin kein Bedarf für Nachtflüge in Brandenburg. „Die Möglichkeit gibt es schon lange in Schönefeld, und sie wird kaum genutzt“, so der Initiativensprecher.

Gänzlich haben die Initiativenvertreter die Hoffnung auf ein Einlenken im Landtag indes noch nicht aufgegeben. „Man sollte den Parlamentariern etwas Zeit geben“, sagte Schubert. So gebe es bei den Linken derzeit eine interessante Diskussion, denn die Bundespartei wolle mit der Forderung nach Verschärfung des Fluglärmgesetzes in den Wahlkampf gehen. Andererseits sehe man sich für einen Volksentscheid gut gerüstet. „Ich bin sicher, dass auch die Uckermärker Verständnis dafür haben, dass die Anwohner am BER ruhig schlafen wollen und die wirtschaftlichen Vorteile von Nachtflügen sehr gering sind“, so Schubert.