PNN 4.7.12

Ein Museum für die Region

von Thomas Lähns

Industriemuseum eröffnet neuen Standort in Teltow

Teltow - Ohne die Teltower GRW wäre in der DDR fast nichts gelaufen. Das Geräte- und Reglerwerk mit Sitz in der Oderstraße war für die Automatisierung der ostdeutschen Industriebetriebe zuständig, von hier aus wurden Schaltschränke und Anlagen in alle Ecken der Republik und – für Devisen – auch ins Ausland geliefert. Anfang der 1980er gelang mit dem Industrierechner Audatec der Sprung ins digitale Zeitalter: Von der Projektierung über Fertigung, Montage und Inbetriebnahme bis zum Service konnte das Computersystem, das sich über mehrere Räume verteilte, alle Schritte steuern. Der Arbeitsspeicher von 64 Kilobyte mag heute lächerlich gering anmuten – Heim-PCs haben über 10 000-mal soviel. Damals aber war es eine kleine Revolution.

Es ist ein spannendes Stück Technikgeschichte, das im Industriemuseum Region Teltow erzählt und veranschaulicht wird. Am neuen Standort in der Oderstraße 23, nur ein paar Hundert Meter vom alten GRW entfernt, wird sie nun noch weiter vertieft. Gestern sind die Räume für die Öffentlichkeit freigegeben worden, in den kommenden beiden Wochen wird der Eintritt kostenlos sein. Auf 800 Quadratmeter erhält man jetzt einen detaillierten Einblick in 140 Jahre Industrie- und Technikgeschichte sowie die rasante Entwicklung der Region Teltow seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert.

Der Umzug vom alten Standort im Kleinmachnower Meiereifeld wurde von den Mitgliedern des Trägervereins in kürzester Zeit bewältigt: Erst im April war die Entscheidung zum Umzug in die Oderstraße gefallen – nachdem der Vormieter, die Akademie 2. Lebenshälfte ausgezogen war und die jährliche Miete von 86 000 Euro gesichert werden konnte. Die politischen Gremien von Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf sowie der Landkreis haben sich zu einer Fördermittelzahlung von je 25 000 Euro entschieden, 160 000 Euro beträgt das jährliche Budget des Vereins. „Sie haben Geschlossenheit für den Erhalt und Ausbau des Museums gezeigt“, lobte Norbert Gölitzer vom Vorstand des Museumsvereins die Stadtverordneten und Gemeindevertreter. Damit werde eine Tradition gestiftet und das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Region gestärkt, so Gölitzer.

Das neue Domizil des Industriemuseums ist ein Industriegebäude aus den 1930er Jahren. Zu DDR-Zeiten hatte hier der VEB „Carl von Ossietzky“ – der andere große Teltower Betrieb – elektronische Bauelemente gefertigt. Heute gehört das Haus der Probatus Immobiliendienstleistungen AG, die das zweite Stockwerk nach den Vorstellungen des Museumsvereins umgebaut hatte.

Denn mit dem Umzug ist auch ein neues Ausstellungskonzept umgesetzt worden. Das stützt sich auf insgesamt fünf Säulen: Die Infrastruktur und ihre Entwicklung – vom ersten Klärwerk über den Ausbau der Stromversorgung und den Bau des Teltowkanals – werden in einem separaten Raum nachgezeichnet. Im weitaus größten Abschnitt des Insustriemuseums geht es dann um die Geschichte der Elektronik – demonstriert anhand alter Radios und Fernseher „made in Teltow“, um Kommunikationsgeschichte – unzählige Telefonapparate künden davon – sowie die Polymerchemie, die unter anderem den Kunststoff Perlon entwickelte. Und schließlich findet die Automatisierung, wie sie im GRW seit den 1950er Jahren vorangetrieben worden war, jede Menge Platz.

Darüber hinaus gebe es viele Schnittmengen vom „damals“ zum „heute“, erklärte Gölitzer. Nach wie vor seien Unternehmen aus der Region Teltow führend, mittlerweile seien auch neue Branchen wie die Medizintechnik hinzugekommen. Das Industriemuseum selbst ist ebenfalls auf Zukunft ausgerichtet: Im Informationszentrum für Berufsorientierung werden Projekttage und Exkursionen für Schulklassen organisiert und pro Jahr 1000 Schüler über Ausbildungsmöglichkeiten informiert. Man sieht sich als Vermittler zwischen Schulen und Wirtschaft – damit die Region Teltow innovativ bleibt.

Das Museum ist dienstags bis samstags sowie jeden ersten Sonntag im Monat von 10 bis 16 Uhr geöffnet.