PNN 4.1.12

Jugendkultur zu Grabe getragen ?

von Ariane Lemme

Heimatloser Kleinmachnower Klub JKT sucht neue Bleibe und will auf den Stahnsdorfer Waldfriedhof Kleinmachnow hat viele Kinder und Jugendliche, aber zu wenige Freizeitangebote.

Kleinmachnow - Der Kleinmachnower Jugendklub JKT ist heimatlos. Nachdem er im vergangenen Juni seine Räume im Heizhaus auf dem Seeberg aufgeben musste, steht ihm nur noch ein Lagerraum im alten Raiffeisenmarkt zur Verfügung. Platz für die Bands, die im JKT bislang probten, gibt es dort nicht. Leiter Bernd-Peter Wilczek hat deshalb eine ungewöhnliche Idee. Er will, in Zusammenarbeit mit der Gruppe Kultur und Bildung der Agenda 21 Kleinmachnow das Projekt Stammhaus Junge Musik starten und damit einen Treffpunkt für die Musikbands des Kreises Potsdam-Mittelmark schaffen – auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof in Güterfelde.

Hintergrund: Weil sich immer weniger Menschen dort beerdigen lassen, überlegt der Nocheigentümer des Friedhofs, der Berliner Bezirk Wilmersdorf-Charlottenburg, das Gelände zu verkaufen. Dort sei man jedoch daran interessiert, die Fläche als Gesamtpaket zu veräußern, „und so mahlen die Mühlen der Verwaltung eben langsam“, bedauert Wilczek. Seiner Ansicht nach wäre die alte Begräbniskapelle mit ihren dicken Mauern ein geeigneter Raum für Bandproben, auch Platz für ein Café, in dem sich Jugendliche treffen können, sei vorhanden, so Wilczek.

Ob ein Umzug des JKT nach Güterfelde allerdings überhaupt machbar ist, ist fraglich, denn noch ist der Friedhof nicht stillgelegt. „Und selbst dann darf er erst nach einer 20-jährigen Ruhephase neu genutzt werden“, erklärt Marc Schulte, Sprecher des Bezirksamts Wilmersdorf-Charlottenburg am Dienstag den PNN. Offen ist auch, ob Stahnsdorf das Gelände überhaupt kaufen wolle, bislang habe es dazu noch keine konkreten Gespräche gegeben, so Schulte.

Lieber wäre es Wilczek ohnehin, wenn der JKT an einen Standort ziehen könnte, der für Schüler ohne Auto gut zu erreichen ist. Deshalb bemüht er sich seit Jahren um ein Nutzungsrecht für das leer stehenden Kanalarbeiterhaus am Zehlendorfer Damm 200 – bisher ohne Erfolg. Für Wilczek ist das nicht nachvollziehbar. „Kleinmachnow rühmt sich damit, bundesweit eine der jugendreichsten Gemeinden zu sein, hat sogar einen Jugendaktionsplan entwickelt – und trotzdem passiert wenig Konkretes.“

Dabei sei die Kommune nicht grundsätzlich dagegen, dass der JKT an den Zehlendorfer Damm umzieht. „Nach der Absage an den Kauf der Kammerspiele müssen aber zunächst die Gemeindevertreter darüber abstimmen, wie die Immobilie am Zehlendorfer Damm weiter genutzt werden soll“, erklärt Bürgermeister Michael Grubert (SPD). Vorher werde er keinerlei Zusagen machen. Neben dem JKT gebe es noch drei weitere Bewerber, auch der Heimatverein Kleinmachnow, der „Kultraum“ und der Künstler Rainer Ehrt suchten dringend nach Räumen im Ort.

Fragt man Grubert nach weiteren Alternativen für den Jugendklub, fällt ihm allerdings spontan keine ein. Dass es Jugendlichen in Kleinmachnow an Freiräumen mangelt, hatte SPD-Fraktionschef Jens Klocksin bereits im November bemängelt. Es gäbe für Jugendliche wenige Orte, an denen sie einfach abhängen könnten – ohne ein primär auf Aktivität ausgerichtetes Angebot, so Klocksin. Er hat die Verwaltung deshalb aufgefordert, noch in diesem Frühjahr Vorschläge für einen möglichen Standort eines solchen Treffpunkts zu machen. Am kommenden Dienstag soll der Kulturausschuss darüber beraten.

Allerdings, so räumt Klocksin ein, könne die Kommune nicht jeder Gruppe einen dauerhaften Standort bereitstellen. Durch den Wegfall der Kammerspiele fehle es jetzt ein Ort, der abwechselnd von verschiedenen Akteuren genutzt werden könne. Kneipen und Jugendtreffs in Wohngebieten anzusiedeln, sei generell schwierig, zu oft beschwerten sich Anwohner wegen des Lärms. Zu überlegen sei deshalb, ob der JKT nicht eher in einen Neubau am Stahnsdorfer Damm neben das Julius-Kühn-Institut ziehen könne. Keine Antwort hat Klocksin darauf, warum das Raumproblem des JKT nicht schon früher thematisiert wurde.

Denn dass der JKT langfristig ohne feste Bleibe dastehen würde, ist keine Überraschung: Das alte Heizhaus, das der Klub seit 2005 nutzte, ist sanierungsbedürftig. Früher gehörte es der Deutschen Reichspost, heute der Berlin Brandenburg International School. Schon vor fünf Jahren hätte es eigentlich gar nicht vermietet werden dürfen, so Wilczek.