PNN 1.12.2011

 

Freie Schulen: "Wichtiger Bildungsauftrag"

Thomas Schmidt (SPD) ist seit 2002 Bürgermeister der Stadt Teltow. Im September 2009 wurde er mit 53,15 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang wiedergewählt. Schmidt wurde 1961 in Potsdam geboren und ist gelernter Koch. 1985/86 diente er ohne Waffe als Bausoldat in der NVA. Seit 1990 ist Schmidt Mitglied der Teltower Stadtverordnetenversammlung. Von 1994 bis zu seiner Wahl als Bürgermeister war er Kreistagsabgeordneter in Potsdam-Mittelmark und Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Ehrenamtlich arbeitet er im Bundes- und Landesvorstand des Arbeiter-Samariter-Bundes.

Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) über die Rolle der freien Schulen in der Region und den Beitrag der Stadt

In der Region Teltow gibt es eine vielfältige Schullandschaft unter anderem mit drei staatlichen Gymnasien. Die Stadt Teltow selbst ist Träger von drei Grundschulen und der Mühlendorf-Oberschule. Darüber hinaus bekommen die Grundschule des Evangelischen Diakonissenhauses Teltow und der Bildungscampus der Hoffbauer-Stiftung Unterstützung von der Stadt. Welche Rolle spielen die freien Schulen in der kommunalen Bildungslandschaft der Region?

Eine bedeutende Rolle, sie bilden eine notwendige und interessante Ergänzung. Sie sind private Unternehmen, deren Finanzierung unter anderem über die Schulgelderhebung weitestgehend auf eigenen Beinen steht. Wir sehen aber, dass von ihnen ein wichtiger Bildungsauftrag erfüllt wird, und unterstützen sie als Stadt – teilweise bis an unsere Grenzen. Als konfessionelle Schulträger prägen die Hoffbauer-Stiftung in Kleinmachnow und das Diakonissenhaus in Teltow das Profil unserer Schullandschaft mit. So gibt es bei der Hoffbauer-Stiftung ein Vollangebot an Bildung von der Kita bis zum Gymnasium. An der Evangelischen Grundschule schätze ich, dass sie eingebunden ist in ein komplexes Betreuungsangebot des Diakonnissenhauses von der Kita über die Arbeit mit Behinderten bis zur Betreuung von Senioren. Der Bedarf für beide Bildungseinrichtungen ist zweifellos da.

 

Wie unterstützt die Stadt Teltow die freien Schulen in der Praxis? Welche Projekte wurden gemeinsam geplant und auf den Weg gebracht?

Am Bau einer neuen Evangelischen Grundschule mit Turnhalle in Teltow-Seehof haben wir uns mit 1,75 Millionen Euro beteiligt, hinzu kamen 500 000 Euro institutionelle Förderung für die Personalkosten in den ersten Jahren des Schulbetriebs. Das war nicht unumstritten, aber sicher der richtige Weg. Ansonsten hätten wir Geld in eine weitere kommunale Grundschule stecken müssen. 115 von 119 Schülern in Teltow-Seehof kommen aus unserer Stadt, insofern ist es gut angelegtes Geld. Wenn ich den geplanten Zuschuss für einen Turnhallen-Neubau der Hoffbauer-Stiftung von 437 500 Euro einrechne, unterstützt die Stadt Teltow die beiden freien Träger insgesamt mit gut 2,6 Millionen Euro aus dem Kommunalbudget. Damit sind wir wohl Spitze im Land Brandenburg.

Die rot-rote Landesregierung will indes die Gelder für die freien Schulen kürzen. Nach aktuellem Stand sollen die Zuschüsse für die 129 freien Schulen bis zum Jahr 2015 nun um knapp 13,5 Millionen Euro Euro gesenkt werden. Es gibt heftige Proteste von Eltern und Schulträgern. Sie sehen die Zukunft der Schulen gefährdet. Wie stehen Sie zu den Kürzungsplänen?

Grundsätzlich sehe ich das unter dem Aspekt, dass in der Schullandschaft ein Gleichgewicht bestehen muss. Das Land steht natürlich auch in der Pflicht, mit den vorhandenen Mitteln die staatlichen Schulen attraktiv zu gestalten. Dass man auch dort einen hohen Standard anstrebt, halte ich für absolut legitim. Es wäre jedoch falsch, eine Schulform zu präferieren. Die freien Schulen dürfen nicht infrage gestellt werden – das ist meiner Ansicht nach aber auch nicht beabsichtigt.

Sehen Sie eine konkrete Gefahr für die freien Schulen in der Region?

Ich sehe sie nicht in ihrer Existenz bedroht. Mit der finanziellen Unterstützung sind wir als Stadt allerdings auch ein gewisses Risiko eingegangen. Im Falle einer Schließung könnten wir die vielen Schüler in unseren kommunalen Schulen nicht abfangen.

Aus der Evangelischen Grundschule in Teltow-Seehof ist allerdings schon angedeutet worden, dass angesichts der Kürzungen das Schulgeld angehoben werden könnte. Somit würden Kinder aus sozial schwächeren Familien benachteiligt. Das wäre mit sozialdemokratischen Zielen sicher nicht vereinbar.

Das ist richtig. Die Diskussion ist so allerdings noch nicht bei mir angekommen. Unsere kommunale Förderung hat immer auch darauf abgezielt, dass die Beiträge der Evangelischen Grundschule auf einem sozialverträglichen Niveau bleiben – damals natürlich noch nicht unter der Annahme, dass die Landeszuschüsse gekürzt werden.

Halten sie es für möglich, dass die Kommune mit weiteren Zuschüssen einspringt?

Jetzt müssen wir als Stadt erstmal durchatmen und – bedingt durch den starken Zuzug junger Familien mit Kindern – über Erweiterungen an kommunalen Schulen sprechen. Zudem denken wir beispielsweise über ein neues Programm für die Grundschule im Ortsteil Ruhlsdorf nach, mit dem starke wie schwache Schüler gleichermaßen gefördert werden sollen. Wir müssen klar sagen, dass wir als Stadt bei der Unterstützung der freien Schulen am Ende unserer Kräfte angekommen sind. Sonst würden wir eventuell auch ein falsches Signal setzen, es könnte der Eindruck entstehen, wir hätten keine anderen kommunalen Aufgaben.

Derzeit gibt es in der Region Streit um die Finanzierung einer neuen Vier-Feld-Sporthalle, die die Hoffbauer-Stiftung auf ihrem Campus errichten will. Geplant ist, dass sich der Kreis mit 1,8 Millionen am Projekt beteiligt, Teltow und Stahnsdorf mit je 437 500 Euro. Kleinmachnow soll – weil ein Großteil der Schüler aus der Gemeinde kommt – 875 000 Euro beisteuern. Nun hat Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD)angekündigt, wesentlich weniger zahlen zu wollen. Auch Stahnsdorf hält sich bedeckt, verweist auf knappe Kassen. Wie reagiert Teltow darauf?

Wir haben uns hier ganz klar für den Zuschuss entschieden und werden den auch nicht infrage stellen. Ganz bewusst haben wir aber noch keine Verträge mit Hoffbauer unterschrieben. Denn dazu wollen wir selbstverständlich abwarten, in welcher Höhe sich Kleinmachnow und Stahnsdorf einbringen. Auch wir haben noch andere Aufgaben und es kann nicht sein, dass wir für unsere gute Finanzpolitik abgestraft werden. Sollte Hoffbauer die Halle jetzt allerdings deutlich kleiner planen, wäre die Geschäftsgrundlage nicht mehr erfüllt, dann müssten auch wir noch einmal neu diskutieren.

Kleinmachnows Bürgermeister argumentiert, dass Teltow und Stahnsdorf bisher noch keinen finanziellen Beitrag für den Hoffbauer-Campus gebracht haben.

Kleinmachnow hat dort vor allem in die Kita investiert. Das ist eine ausschließlich kommunale Aufgabe, die die Gemeinde Kleinmachnow auf ihrem Territorium ohnehin zu erfüllen hat. Der Bau einer großen Turnhalle ist indes von regionaler Bedeutung. Daran sollten sich alle Kommunen entsprechend beteiligen, nicht zuletzt weil die Halle auch für den Vereinssport gebraucht wird.

Das Gespräch führten Ariane Lemme und Hagen Ludwig