PNN 16.11.11

Interessen im Widerstreit

von Ariane Lemme

Der Bau von barrierefreien Wohnungen im Kleinmachnower Ortskern bedroht Gärten von Anwohnern

Kleinmachnow - Die Mieter an der Kleinmachnower Goethestraße fürchten um ihre Gärten. Deren Nutzung ist Bestandteil der Mietverträge, jetzt soll zumindest ein Teil der Gärten dem Bau von 42 barrierefreien Wohnungen weichen. Bauherr wie auch Vermieter der Häuser und Gärten ist die gemeindeeigene Wohnungsbaugesellschaft Gewog.

Die Mitglieder des Bauausschusses waren am Montagabend überrascht vom Protest der Mieter, der infolge der öffentlichen Auslegung des B-Plans aufgekommen war: „Uns wurde gesagt, die Gärten dort seien verwildert“, erklärte Ausschuss-Vorsitzender Jens Klocksin (SPD). Jetzt erst habe er erfahren, dass alle zwölf Mietergärten bewirtschaftet werden, einige sogar kleine Gartenhäuschen dort errichtet haben, so Klocksin. Es sei ärgerlich, sich nicht auf Aussagen der Verwaltung verlassen zu können.

Tatsächlich ist im Bebauungsplan von Brachflächen die Rede, Klocksin fordert nun ein klares Angebot an Alternativen durch die Gewog. Entweder man biete den Mietern Ersatzflächen an, oder man setze die beiden geplanten 55 Meter langen Dreigeschosser um einige Meter zurück. Das aber lehne die Gewog aus Lärmschutz-Gründen ab, denn dort grenze der Sportplatz der Maxim-Gorki-Gesamtschule an das Baugrundstück, so Klocksin. In jedem Fall müsse eine Lösung gefunden werden. Grundsätzlich befürwortete er den Bau altersgerechter Wohnungen, es sei aber zynisch, dass hier ältere Menschen, die ihre Gärten behalten wollen, gegen Senioren, die barrierefrei wohnen möchten, ausgespielt würden.

Die Bauausschuss-Mitglieder verweigerten den Bebauungsplänen deshalb am Montagabend ihre Zustimmung, bis zum Hauptausschuss am 28. November sollen sie noch einmal überarbeitet werden. Rathaussprecherin Martina Bellack bestätigte gestern, dass nun noch einmal geprüft werde, wie viele der insgesamt zwölf Mietergärten tatsächlich betroffen wären.

Gewog-Geschäftsführer Carsten Fischer konnte die Entscheidung des Bauausschusses nicht ganz nachvollziehen: „Die Interessen von rund 45 Menschen, die barrierefrei wohnen möchten, werden so hintenangestellt.“ Kein Mietergarten werde verschwinden. In Richtung des Ärztehauses stünde eine freie Grünfläche zur Verfügung, dorthin sollen die bis zu acht betroffenen Gärten umgelegt werden – in gleicher Größe. „Es liegt in unserem Interesse, dass die Grünflächen weiter von den Mietern genutzt werden, ob von den neuen oder den alten“, so Fischer. Auch die Kosten für die Umsetzung eines Gartenhauses wolle die Gewog übernehmen.

Heftige Kritik am Vorgehen der Verwaltung kam gestern auch vom Vorsitzenden des Seniorenbeirats, Herbert Franke: „Ich hätte erwartet, dass man im Vorfeld der Planung mit den Anwohnern spricht.“ Er selbst habe, ebenso wie die Gemeindevertreter, erst duch einen Brief der Anlieger von den bedrohten Gartengrundstücken erfahren. Jetzt fürchtet Franke, dass sich der Bau der barrierefreien Wohnungen weiter verzögert. „Mittlerweile gibt es für die 42 Wohnungen bereits 80 Bewerber. Einige davon seien aufgrund des mehrfach verschobenen Baubeginns inzwischen nach Berlin abgewandert.

Schon im vergangenen Jahr hatte es Kritik an den Plänen der Gewog gegeben. Der Bauausschuss hatte damals die Bebauungsplanänderung mit der Begründung abgelehnt, das Gelände solle baulich nicht weiter verdichtet werden. „Betreutes Wohnen ja, aber nicht an diesem Ort“, fasste Klocksin damals zusammen. Die Nähe zu Sportplatz und Jugendklub berge zusätzliche Konflikte mit den neuen Anwohnern.