PNN 19.9.11

Potsdam-Mittelmark: Gegen Sparpolitik und geschönte Statistik

von Kirsten Graulich

Lautstark. Mit Plakaten, Trillerpfeifen, Rasseln und Trommeln kamen 200 Teilnehmer am Samstag zur einer Demonstration gegen die aktuelle Schulpolitik auf den Kleinmachnower Rathausmarkt.

Eltern, Lehrer und Schüler aus dem „Speckgürtel“ protestierten in Kleinmachnow gegen das Bildungssparpaket der brandenburgischen Landesregierung.

Kleinmachnow – Rund 200 Menschen können ganz schön laut sein. Mit Trillerpfeifen, Rasseln und Trommeln waren am Samstagvormittag Eltern, Schüler und Lehrer aus der Region auf dem Kleinmachnower Rathausmarkt zusammengekommen, um gegen die Sparpolitik des Landes im Bildungswesen zu protestieren. „Bürokratie-Abbau bei Schulämtern“ und „Wir wollen Anhebung der Lehrerreserve“ war auf den zahlreichen Transparenten zu lesen. Schon in diesem Schuljahr sollen die Ausgaben im Bildungsbereich auf Landesebene um 25 Millionen Euro gekürzt werden, im nächsten werden es 28 Millionen Euro sein.

„Nur Tschechien und die Slowakei geben weniger für Bildung aus als Deutschland“, berief sich Christian Ermler auf eine OECD-Vergleichsstudie von 34 Ländern, die sich am Bruttoinlandsprodukt orientiert. Ermler ist Elternsprecher der Teltower Anne-Frank-Grundschule und der Kleinmachnower Maxim-Gorki-Gesamtschule. Die erste Demo in der Region hat er gemeinsam mit anderen Elternsprechern initiiert, um öffentlich zu machen, „wo uns der Schuh drückt“. Denn mit geschönten Statistiken würden Landespolitiker die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führen. So könnten mit den 2000 Neueinstellungen von Lehrern, die das Land bis 2014 verspricht, nicht einmal alle bis dahin ausscheidenden Lehrer ersetzt werden. Schönfärberei sei auch die Aussage von Bildungsministerin Martina Münch (SPD), dass auf einen Lehrer etwa 15,4 Schüler kommen würden. „Durchschnittszahlen zum Lehrer-Schüler-Verhältnis anzuführen, ist eine Frechheit angesichts eines Bundeslandes wie Brandenburg, das dünn besiedelt ist, jedoch einen kinderreichen Speckgürtel rund um die Hauptstadt besitzt“, so Ermler.

Teltows Vizebürgermeisterin Beate Rietz (SPD) machte während der Kundgebung deutlich, in welchem Spagat sich die drei Orte mit ihren kommunal finanzierten Ausfallfonds befinden: „Warum tut ihr das denn, lasst es doch hochkochen, raten uns manche. Aber wir konnten es nicht mehr mitansehen und sind zum Glück noch in der Lage, finanziell einzuspringen". Aber so dürfe es nicht bleiben, eine Lösung müsse her, forderten auch die Bürgermeister der Nachbarkommunen. Doch vorerst macht das Beispiel der Region noch Schule. Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) berichtete, dass Potsdam ein ähnliches Projekt plane und Oberbürgermeister Jann Jakobs sich kürzlich bei ihm nach den Erfahrungen mit dem Fonds erkundigt habe.

Mit einem Pfeifkonzert quittierten die Teilnehmer der Demonstration die Nachricht, dass kein Vertreter des Bildungsministeriums gekommen war, obwohl die Einladung bereits vor fünf Wochen verschickt wurde. Weis kündigte eine Demonstration vor dem Landtag an – dort soll noch lauter protestiert werden.