PNN 5.7.11

 

Wut und Enttäuschung

von Hagen Ludwig

Flugroutenvorschläge für Airport Schönefeld stoßen im Potsdamer Umland zum Teil auf scharfe Kritik

Potsdam-Mittelmark - Auf Kritik sind die aktuellen Routenvorschläge der Deutschen Flugsicherung (DFS) bei den Bürgermeistern und Bürgerinitiativen des Potsdamer Umlands gestoßen. Wütend reagierten die Bürgermeister von Werder (Havel) und Schwielowsee, Werner Große und Kerstin Hoppe (beide CDU), auf die Ankündigung, dass die Anflüge zum neuen Großflughafen Schönefeld in der Hauptverkehrszeit unverändert über ihre Erholungsorte geführt werden sollen. „Die Route verläuft zwischen Ferch und Caputh über den Schwielowsee“, bestätigte Vize-Landrat Christian Stein (CDU) als Mitglied der Fluglärmkommission den PNN.

„Das ist das absolute Horrorszenario“, erklärte Große. Hoppe sprach von einer „großen Schande“. Wie berichtet wird befürchtet, dass landende Maschinen bei Ostwind in den Stoßzeiten künftig in nur knapp 1000 Meter Höhe und im Minutentakt über die Havelgemeinden düsen. Dagegen waren Vertreter der Kommunen und die Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“ in den vergangenen Monaten anscheinend vergeblich Sturm gelaufen. „Besonders ärgerlich ist, dass die Bürgermeister der Havelseegemeinden trotz der großen Betroffenheit keinen Platz in der Fluglärmkommission bekommen haben“, so Hoppe. Das sei „Verdummung einer ganzen Region“. „Wir bleiben bei unserer Forderung, dass alle Anflüge außerhalb des Berliner Rings geführt werden sollen“, sagte Initiativensprecher Peter Kreilinger. Was ihn besonders ärgert: „Bisher hat man immer versichert die Maschinen würden künftig in 8000 Fuß Höhe über unsere Region fliegen. Heute war erstmals offiziell von 4000 Fuß (1200 Meter) die Rede.“ Hoffnung setzen die Bürgermeister auf ein Gespräch, zu dem sie heute beim Verkehrsstaatssekretär des Bundes, Klaus-Dieter Scheurle, eingeladen sind. „Dort werden wir noch einmal verdeutlichen, was die geplanten Anflüge für unsere Region bedeuten“, so Hoppe. Letztlich müssen die Routenvorschläge vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung bestätigt werden.

Enttäuscht zeigten sich auch die drei Bürgermeister der Region Teltow. Ihre Hauptkritik: Im Gegensatz zum Vorschlag der Fluglärmkommission sollen nun doch nicht alle von der Nordbahn startenden Flugzeuge geradeaus über Blankenfelde zum Dreieck Nuthetal und dann außerhalb des Autobahnrings fliegen. Leichtere Maschinen sollen bereits bei Ludwigsfelde breit gefächert in Richtung Berlin-Wannsee über die Region Teltow abdrehen können. Voraussetzung ist, dass sie bereits eine Höhe von 5000 Fuß (1525 Meter) erreicht haben. Das könnten am Tag etwa 45 bis 60 Maschinen sein, die in Richtung Norden und Osten unterwegs sind. „Die dafür vorgebrachten Argumente haben nicht überzeugt“, sagte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD). „Letztlich geht es wieder um Flugzeiten und Kerosin – es wird trotz aller Versprechungen Wirtschaftlichkeit vor Lärmschutz gestellt.“ Ebenso sieht es sein Stahnsdorfer Amtskollege Bernd Albers (Bürger für Bürger). „Dass der Empfehlung der Fluglärmkommission nicht vollständig gefolgt wurde, schwächt das Vertrauen in die Demokratie“, so Albers.

Etwas moderater fällt die Einschätzung des Teltower Bürgermeisters Thomas Schmidt (SPD) aus. Es bleibe abzuwarten, wie die Pläne in der Praxis umgesetzt werden, sagte er. „Es gibt bei den Flugrouten keine wirklichen Gewinner, aber Teltow gehört jetzt zu den weniger Betroffenen“, erklärte Schmidt. In der Tat liegt Teltow im Vergleich zu Kleinmachnow und Stahnsdorf etwas weiter weg von der Wannsee-Route. Positiv bewertet wurde indes von allen drei Bürgermeistern, dass schwere Maschinen, die nicht so schnell steigen können, jetzt grundsätzlich außerhalb des Berliner Autobahnrings geführt werden sollen. Auch alle von der Nordbahn in Richtung Westen startenden Flugzeuge sollen nicht mehr über die Region Teltow fliegen.

In der Bewertung aller Fakten für die Region verteilt auch die Bürgerinitiative „Stahnsdorf gegen Fluglärm“ das Prädikat „nur teilweise befriedigend“. „Die Proteste Zehntausender Bürger haben sich auf jeden Fall gelohnt“, sagte deren Sprecher Mathias Piaszinski. Unverständlich sei indes, dass das weiträumige Umfliegen der Region durch alle Flugzeuge nicht umgesetzt wurde. Bei entsprechendem politischen Willen der SPD-geführten Landesregierung wäre das möglich gewesen, heißt es in einer Presseerklärung. der Initiative.

Drastisch fällt die Reaktion der Kleinmachnower Bürgerinitiative aus. Deren Vorsitzender Michael Lippoldt erklärte, er sei entsetzt darüber, dass Flugzeuge bei Starts von der Nordbahn in Höhe Ludwigsfelde nun doch die vorgeschriebenen Routen verlassen und damit Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf in geringer Höhe überfliegen können.„Das ist der größte anzunehmende Unfall für die Region“, sagte er. (mit dapd)