PNN 12.2.11

 

Entführer ist verschuldeter Unternehmer Vierjähriges Mädchen aus Kleinmachnow wohlauf

Kleinmachnow/Potsdam - Die wichtigste Nachricht: Das am Donnerstag für knapp 14 Stunden entführte vierjährige Mädchen aus Kleinmachnow ist gesund. Das Kind und die Eltern „haben weder seelische noch körperliche“ Schäden davongetragen, sagte Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) am gestrigen Freitag in Potsdam. Die Familie wird aber psychologisch betreut.

Es war offenbar die Verzweiflungstat eines hoch verschuldeten Unternehmers aus Berlin-Zehlendorf. Der 44-jährige Besitzer eines Tierfutterhandels und einer Confiserie an einem Zehlendorfer U-Bahnhof sitzt in Untersuchungshaft. Carsten W. hat am Freitag gestanden, die Vierjährige vor den Augen der Mutter entführt und 60 000 Euro Lösegeld von den Eltern erpresst zu haben. „Er ist reuig und hat sein Bedauern geäußert“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Heinrich Junker. Für erpresserischen Menschenraub und räuberische Erpressung droht ihm eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft.

Der Unternehmer ist geschieden und hat selbst drei Kinder unter zehn Jahren. In Kleinmachnow an der A115 am südlichen Stadtrand von Berlin soll er nach Angaben von Ermittlern ein Wochenendgrundstück haben. Die Entführung hat er seit Tagen geplant, mit dem Lösegeld wollte er seine Schulden loswerden. Die Siedlung mit vielen neuen Einfamilienhäusern hatte er genau ausgespäht und nach geeigneten Opfern gesucht, die ihm wohlhabend genug erschienen.

Am Mittwoch mietete er sich von einem Autoverleih in der Umgebung von Kleinmachnow einen roten Renault Clio und montierte die von einem tschechischen Botschaftsfahrzeug gestohlene Kennzeichen an. Am Donnerstagmorgen um acht Uhr setzte er seinen verzweifelten Plan um. Eine 41-jährige Mutter wollte gerade ihre Tochter in den Wagen setzen und zur Tagesmutter bringen. Da kam Carsten W. maskiert in die Garteneinfahrt gelaufen, bedrohte die Frau mit einer Sichel und griff sich das Kind. Er hinterließ nur ein Schreiben mit der Lösegeld-Forderung. „Keine Polizei, keine Presse“, hieß es auf dem Papier. Eine Nachbarin beobachtete die Tat und alarmierte die Polizei. Die löste einen Großeinsatz mit 530 Beamten aus, „das ganze Paket“ mit Suchhunden, Hundertschaften, Hubschraubern ging laut Polizeipräsident Rainer Kann „bis an die Grenzen dessen, was erträglich war“. Brandenburgs Polizei habe alle Register gezogen, sagte Innenminister Dietmar Woidke (SPD). Denn Kindesentführung sei eines der „niederträchtigsten und abstoßendsten Verbrechen überhaupt“.

Nach der Geldübergabe und kurz nachdem der Täter das Kind in Kleinmachnow freiließ, stoppten und überwältigten Spezialkräfte den 44-Jährigen. Dem Mädchen gegenüber hat er sich offenbar vorsichtig verhalten. Es saß auf der Rückbank des Wagens, er ging mit ihm spazieren, versorgte es mit Essen, hatte sogar Spielzeug dabei. „Er hat das Kind betreut“, sagte Einsatzleiter Flemming. A. Fröhlich