PNN 30.10.10
Von Kirsten Graulich
Kleinmachnow - Erinnerungen werden bekanntlich verklärt. Anders
scheint das bei den Kleinmachnower Kammerspielen zu sein. Dass das 1936 erbaute
Kino noch vor über 20 Jahren ein vielbesuchter Kulturtreffpunkt war, ist vielen
zugezogenen im Ort unbekannt und nur wenige Alteingesessene scheinen sich noch
zu erinnern. Auch bei der jüngsten Diskussion zu diesem Thema im SPD Ortsverein
war das zu spüren.
Statt um ein Kulturhaus ging es mehr um einen Kinostandort, dessen
Weiterbetrieb als kommunales Kino vielen unwirtschaftlich erscheint. Allein die
Investitionskosten plus Kaufsumme für die Immobilie würden sich auf rund sechs
Millionen Euro belaufen. Hinzu kämen jährliche Zuschüsse von 200 000 Euro, wie
ein Gutachten kürzlich offenbarte. Vorerst hat die Gemeinde mit Eigentümer und
Kinobetreiber Karl-Heinz Bornemann vertraglich ein Vorkaufsrecht vereinbart,
das Kammerspiele, Grundstück und das Wohnhaus im hinteren Bereich einschließt.
Der Vertrag wurde noch einmal bis zum 15.Januar 2011 verlängert. Seit Gutachten
und drei Nutzungsvarianten den Gemeindevertretern vorgestellt wurden, ist der
Beratungsbedarf groß. Obwohl es bislang viele Absichtserklärungen in der
Gemeindevertretung gab, das Kino zu retten, gibt es jetzt Konsens, dass das
nicht um jeden Preis geschehen sollte. Denn andere Kulturprojekte hätten das
Nachsehen. Auch im SPD-Ortsverein lautete die Frage: Leuchtturm oder Vielfalt?
Letzteres fand Zustimmung.
Junge Leute, hieß es am Donnerstagabend, würden lieber in Potsdamer oder
Berliner Kinos fahren. Auch die Bestuhlung sei in den Kammerspielen nicht
sonderlich bequem. „Für uns Zugereiste erschließt sich der Charme dieses Kinos
nicht“, meinte ein Diskussionsteilnehmer. Er konnte sich allerdings erinnern,
dass die kommunale Kulturhausleitung nach der Wende erstaunliche Qualität
geboten hatte. Seit Eigentümer Bornemann das Haus 2004 in eigener Regie
übernahm, liegt der Schwerpunkt auf Kino.
Der Kleinmachnower Grafiker Rainer Ehrt, der das Projekt Zehlendorfer Damm 200
vorstellte, in dem Galerie und Café entstehen sollen, räumte ein: „Ich bin
voreingenommen gegenüber den Kammerspielen“. Das Haus eigne sich nicht für
Ausstellungen. Er wolle aber nicht, dass beide Standorte gegeneinander
ausgespielt werden – doch für beides ist wohl kein Geld da.
Frank Nägele vom Projekt Kultraum sagte: „Für unsere Veranstaltungen sind die
Kammerspiele kein passendes Zuhause“. Außerdem wären die finanziellen
Ressourcen der Gemeinde endlich. Auch die von Bürgermeister Michael Grubert
(SPD) vorgeschlagene Sparvariante für das Haus, würde Ungemach bringen. Grubert
hatte einen Abriss des Mehrzweckraumes vorgeschlagen, ebenso eine abgespeckte
Nutzung. „Die Kammerspiele zu betreiben würde uns gut zu Gesicht stehen“,
meinte Grubert und warnte: „Einen Schandfleck wie das Teltower Diana-Kino
sollten wir vermeiden“.
Doch auch der Mix – zwei Drittel Kino und ein Drittel Kultur, fand wenig
Fürsprecher. Eher konnten sich einige vorstellen, Saal und Gastronomie von
einem gemeinnützigen Verein betreiben zu lassen. Tenor der Diskussion blieb
jedoch: Die Vielfalt an Veranstaltungsorten in Kleinmachnow hat die
Kammerspiele überflüssig gemacht. Für einen Saal mit 350 Plätzen, das ergab
auch eine Bestandsanalyse, gebe es keinen Bedarf. Argumentiert wurde zudem,
dass eine Sanierung des Hauses, dann nicht mehr die Kammerspiele wären, die man
kenne. Doch die kennen eigentlich nur noch wenige.