PNN 25.9.10

 

Von Hagen Ludwig und Tobias Reichelt

Fluglärm: Große Verunsicherung

Auch die Gemeinden Michendorf und Schwielowsee wollen bei der BBI-Routenplan beteiligt werden (25.09.10)

 

Potsdam-Mittelmark - Die Angst vor Fluglärm hat nach der Region Teltow jetzt auch die Gemeinden Michendorf und Schwielowsee erreicht. Wie berichtet, hatte die Flugsicherung Anfang September überraschend mitgeteilt, dass es für den Großflughafen Berlin-Brandenburg-International (BBI) andere An- und Abflugrouten geben soll als im Planfeststellungsbescheid aus dem Jahr 2004 angenommen. Die Bürgerinitiative „Lärmschutz Jetzt“ schlug gestern Alarm, denn die aktuell vorgeschlagenen Flugrouten würden auch über Michendorf und Schwielowsee führen, so ihr Sprecher Andree Halpap.

Die Verunsicherung in beiden Gemeinden sei nach den Diskussionen der vergangenen Tage groß. „Es kann nicht sein, dass sich Jeder aus Skizzen in der Regionalpresse seine eigene Betroffenheit zusammen reimen muss, weil uns keinerlei offiziellen Informationen vorgelegt werden“, erklärte Halpap, der mit seiner Bürgerinitiative seit längerer Zeit mit großer öffentlicher Resonanz gegen die Lärmbelastung der Gemeinden durch die Autobahn kämpft. Gefordert werden nun vor allem Angaben über die geplante Breite der Flugkorridore, über verbindlich vorgegebene Flughöhen und die Nutzunghäufigkeit der Routen bei Tag und Nacht. Nach bisherigem Stand soll zumindest die Südroute der nördlichen Startbahn über Michendorf und Schwielowsee führen.

Deshalb müsste die Gemeinde Michendorf endlich in die weiteren Planungen zu den Flugrouten des BBI einbezogen werden, verlangte deren Bürgermeisterin Cornelia Jung gestern von der Landesregierung. Wie berichtet, soll es am kommenden Montag auf dem Flughafen Schönefeld ein Treffen der Flugsicherung mit den Bürgermeistern von Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf sowie Landrat Wolfgang Blasig (SPD) geben. Michendorf sei bis zum heutigen Tag nicht eingeladen worden, schimpfte Jung.

Ihre Amtskollegin aus Schwielowsee, Kerstin Hoppe (CDU), hat es indes bereits auf die Einladungsliste geschafft. „Am 8. September habe ich an die Obere Luftfahrtbehörde geschrieben, und um konkrete Auskunft über die Auswirkungen der neuen Routen für unser Gemeindegebiet gebeten“, so Hoppe. Eine Antwort habe sie bisher nicht erhalten. Gestern sei jedoch kurzfristig die Einladung zu dem Treffen mit der Flugsicherung in Schönefeld gekommen. Die letzte Information hatte Hoppe auf Anfrage im Jahr 2008 von der Oberen Luftfahrtbehörde bekommen. Damals hieß es wörtlich: „Unzumutbare Beeinträchtigungen durch am BBI landende und startende Luftfahrzeuge können für ihr Gemeindegebiet mithin ausgeschlossen werden.“ Die Gemeinde liege weit „außerhalb der maßgeblichen Lärmkonturlinien“. Darauf wollen sich die Einwohner von Schwielowsee nun nicht mehr verlassen. „Ich möchte ganz konkrete Informationen über den aktuellen Stand“, so Hoppe.

Um Aufklärung ist man weiterhin auch in der Region Teltow bemüht. So stimmten Kleinmachnows Gemeindevertreter am Donnerstagabend einstimmig einer Sonderausgabe von 30 000 Euro in diesem Jahr und weiteren 30 000 Euro im kommenden Jahr zu. Mit dem Geld will die Gemeinde einen Anwalt beauftragen, rechtliche Schritte gegen den drohenden Fluglärm zu prüfen.

Am Freitagabend wurde auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in Kleinmachnow mit dem Protest konfrontiert. Vor der Präsentation seines neuen Buches erwarteten ihn etwa 50 Fluglärmgegner am Rathaus. „Fünf Minuten mit dem Ministerpräsidenten“ wurden den Demonstranten versprochen, die eine Petition vorbereitet hatten. Zudem stellte sich Verkehrsstaatssekretär Rainer Bretschneider im Anschluss weiteren Fragen. Viel Neues bekamen sie in Sachen Flugrouten allerdings nicht zu hören. „Die entscheidenden Schritte kommen erst noch“, beruhigte Platzeck. Das Land sei darum bemüht, die Lärmbelastung für alle Menschen so gering wie möglich zu halten. Anders als zum Beispiel in Blankenfelde/Mahlow würden die Düsenjets über Kleinmachnow nicht in 400 Metern Höhe hinweg schweben, sondern in über 2000 Metern Höhe, so Platzeck. Er sei „ganz nah bei ihnen“, wenn es darum gehe, die jetzt von der Flugsicherung vorgestellten Routen-Entwürfe zu überarbeiten.