PNN 21.8.10

 

Von Tobias Reichelt

"Kunst braucht Stühle"

Der Kultraum hat sich bei Kleinmachnowern und Künstlern rumgesprochen und erhebt Anspruch auf mehr (21.08.10)

Kleinmachnow - Experiment geglückt! Eine kleine Schar von Künstlern hat es geschafft, ein leerstehendes Kleinmachnower Einfamilienhaus in eine lebendige Kulturstätte zu verwandeln. Der „Kultraum“ ist Kult. Seitdem der Klub im Kapuzinerweg 16 im April 2009 eröffnet hat, nahmen über 1500 Gäste Platz. Mussten sie anfangs ihre Stühle mitbringen, hat sich seitdem einiges entwickelt.

„Stühle sind jetzt genügend da“, sagt Christiane Heinke. Die Opernsängerin gehört zu den Gründungsmitgliedern des Kultraums, der heute 30 Mitglieder zählt. Gemeinsam werden Gläser gespült, das Haus in Schuss gehalten, Brezeln für die Veranstaltungen gebacken oder Künstler eingeladen. Das Problem: „Kleinmachnow sagt den meisten Schauspielern, Sängern oder Kabarettisten nicht viel“, erzählt Heinke. Dank guter Verbindungen ist die Gästeliste des Klubs jedoch zum Aushängeschild geworden. Namen wie Scheibenwischer-Kabarettist Arnulf Rating locken neue Künstler an. Auch der Schauspieler Günter Barton oder die Chansonsängerin Wiebke Wiedeck waren hier und haben sich in die Wohnzimmer-Atmosphäre verliebt.

Am 3. September gibt es im Kultraum die 20. Veranstaltung. Erstmals wird der Verein sein angestammtes Domizil versuchsweise verlassen. Im Rahmen der Kleinmachnower Kunstwoche wird Maria Thomaschke im ehemaligen Kanalarbeiterhaus im Zehlendorfer Damm 200 auftreten. Bereits im Juni hatten Kultraum, Heimatverein und der Kunstverein „Die Brücke“ ihr Interesse an dem Haus angekündigt (PNN berichteten).

Das leere und stark sanierungsbedürftige Gebäude könnte ein neuer Kleinmachnower Kulturtreff werden. Die Kunstwoche vom 29. August bis 4. September ist ein erster Test der Zusammenarbeit – vielleicht ein notwendiger: Trotz aller Erfolge steht die Zukunft des Kultraums auf wackeligen Füßen. Das Haus im Kapuzinerweg gehört der Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft Gewog, sie bietet den Künstlern die Unterkunft für wenig Geld. Sollte jedoch ein Kaufinteressent da sein, wäre das Haus wohl weg.

Ein Umzug wäre für Christiane Heinke nicht die Lösung ihrer Wahl. „Kleinmachnow kann mehrere Kulturräume vertragen“, sagt sie selbstbewusst. „Den Anspruch können wir uns leisten.“ Viele haben sich in den Charme des Hauses verliebt und Ideen entwickelt. Durchschnittlich 70 Zuschauer besuchen die Veranstaltungen im Kapuzinerweg, zweimal monatlich wird eingeladen. Neu ist eine Jazzsession, die jeden ersten Mittwoch im Monat stattfindet. Langfristig soll das Programm erweitert werden. So wird die Jugendfilmakademie Berlin in den Herbstferien den Kultraum nutzen, um Filmkurse für Schüler anzubieten.

„Für Kultur in Kleinmachnow braucht es lediglich Stühle“, hieß das Motto des Kultraums zu Beginn – „das hat sich bewahrheitet“, sagt Heinke. Künstler und Interessierte gebe es im Überfluss. Mindestens so viele, wie Stühle im Kultraum.