PNN 29.04.10

 

Kleinmachnow zum inneren Frieden geführt

Mieter- und Nutzerverein wird 20 Jahre alt (29.04.10)

Kleinmachnow - Es ist ein wichtiges Kapitel Kleinmachnower Geschichte: Die Mauer war gefallen und Deutschland vereint – Kleinmachnow jedoch war gespalten: Fast 80 Prozent aller Wohnungen und Häuser waren nach 1990 von Restitutionsansprüchen betroffen. 11 000 Menschen zählte die Gemeinde damals, schon nach wenigen Wochen erhielten die ersten 1000 Alteinwohner die Kündigung. „Ossis raus, die Wessis kommen“, prangte in den Medien. Haus und Hof wechselten in das Eigentum alter Besitzer. Während die einen ihre Sachen packten, führten andere die ersten Kaufinteressenten durch den Ort.

20 Jahre später – am Dienstagabend – erinnerte die Kleinmachnower Mieter- und Nutzerbewegung mit einer Festveranstaltung im Rathaussaal an die Ursprünge ihrer Bewegung.

Hunderte Kleinmachnower hatten sich nach dem Mauerfall im April 1990 zusammengeschlossen, um für ihre Rechte als Mieter und Nutzer zu kämpfen. In den Kammerspielen hatten sie in den darauffolgenden Jahren gleich zweimal den damaligen Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) zu Gast – nicht irgendwer, wie Landrat Wolfgang Blasig (SPD) am Dienstagabend betonte. „Töpfer war der beste Mann im Kabinett.“ Noch heute hält Blasig das damalige Prinzip: „Rückgabe vor Entschädigung“ für falsch.

Blasig hat als Bürgermeister von 1994 bis 2009 die Geschicke der Gemeinde gelenkt. Der Streit um Wohnungen und Häuser habe Kleinmachnow geteilt, sagte er. „Die Bewegung hat wesentlich dazu beigetragen, dass Kleinmachnow Teile seines inneren Friedens zurückerhalten konnte“, so Blasig. So entstand am Stolper Weg eine neue Siedlung, um den von Restitution Betroffenen ein neues Heim im alten Heimatort zu geben. An der Siedlungs-Planung war der Mieterverein ebenso beteiligt wie an der Gründung der gemeindeeigenen Wohnungsgesellschaft Gewog.

Im Großen und Ganzen war die Arbeit erfolgreich, auch wenn der Verein einige Blessuren davonzutragen hatte, fasste Wolfgang Finsterbusch, heutiger Vorsitzender der Vereinigung der Mieter, Nutzer und selbstnutzenden Eigentümer (VMNE) „Der Teltow“ zusammen. Im Verein sind heute nicht nur Anwohner Kleinmachnows zusammengeschlossen, sondern auch Teltows, Stahnsdorfs und Ludwigsfeldes.

Der Kern der Kleinmachnower Mieterbewegung ist weiter aktiv. 850 Mitgliedsfamilien zählt der Verein in Kleinmachnow, sagte Ortsvereinschef Klaus-Jürgen Warnick. „Wir alle machen das aus Solidarität“, unterstrich er. Der Verein kämpfe weiter: Auch auf Initiative der Mieterbewegung wird derzeit in den Vertretungen der drei Nachbarkommunen Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf über einen qualifizierten Mietspiegel beraten – er soll Mietern einen Vergleich über ortsübliche Mietpreise geben. Dass die Preise sozial verträglich bleiben, darauf will der Verein auch in Zukunft drängen, sagte Warnick. Tobias Reichelt