PNN 01.04.10
Von Tobias Reichelt
Teltow - So schnell kann Geschichte geschrieben werden: Gerade fünf
Minuten hat die erste gemeinsame Sitzung der Stadtverordneten und
Gemeindevertreter aus Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf am Dienstagabend
gedauert. Zum ersten Mal in der Historie der drei Nachbarorte hatten sich alle
politischen Entscheidungsträger in einem Raum versammelt. Gemeinsam
verabschiedeten sie im Teltower Rathaus ihre Bewerbungsunterlagen an die
Brandenburgische Landesregierung – ohne Gegenstimmen. Teltow, Kleinmachnow und
Stahnsdorf wollen mithilfe eines Standortentwicklungskonzepts als Regionaler Wachstumskern
anerkannt werden – ein Status, der Fördergelder und Entwicklungschancen
verspricht. Grund genug, um eng zusammenzurücken.
An drei langen Tafeln hatten die Politiker im Teltower Rathaus Platz genommen.
Vorsichtig ließen viele ihren Blick durch den Raum schweifen, nicht wenige
machten zum ersten Mal Bekanntschaft mit den unbekannten Gesichtern aus dem
Nachbarort. „Es ist historisch, dass die drei Kommunen eine Sache gemeinsam
beschließen wollen“, eröffnete der Teltower Berndt Längrich (SPD) die Sitzung.
Zwar arbeiten Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf schon seit zehn Jahren in der
Kommunalen Arbeitsgemeinschaft „Der Teltow“ (KAT) zusammen, das Gremium besteht
aber nur aus einigen Vertretern der Ortsparlamente und besitzt vergleichsweise
wenig Entscheidungsgewalt. Viele Beschlüsse der KAT müssen in
Stadtverordnetenversammlung und Gemeindevertretersitzung abgesegnet werden. Am
Dienstagabend beschleunigte man nun das Verfahren.
Für Landrat Wolfgang Blasig (SPD) eine Sache, die ganz und gar nicht „business
as usual“ war. „Die drei Vertretungen gemeinsam aufgereiht zu sehen, war mir
bislang nicht vergönnt“, sagte er in seinem Vorwort. Als ehemaliger
Bürgermeister von Kleinmachnow hatte sich Blasig für einen Zusammenschluss der
Kommunen eingesetzt. Am Dienstagabend befeuerte er die Bewerbung zur
Anerkennung der Region als Wachstumskern. Wir müssen ein Signal nach Potsdam
senden, damit die Region dort so wahrgenommen wird, wie es sich gehört“, sagte
Blasig. Die Region Teltow trage einen wesentlichen Anteil am Erfolg des
Landkreises. Damit das so bleibe, gehöre die Region gefördert. „Kühe, die man
melken will, sollte man anständig füttern“, sagte Blasig.
Noch in diesem Jahr will die Landesregierung über die Wachstumskerne
entscheiden. Landesweit gibt es 15 solcher Kernregionen, die sich seit Ende
2005 an den Fördertöpfen von EU, Bund und dem Land Brandenburg laben können,
darunter Potsdam, Ludwigsfelde oder Cottbus. Städte wie Oranienburg,
Hennigsdorf und Velten bilden einen gemeinsamen Wachstumskern. Im vergangenen
Jahr hat die Landesregierung eine Überprüfung der Kerne gestartet. Einige
Regionen könnten ihren Status verlieren, andere in den Kreis der 15 aufgenommen
werden.
Genau das stieß am Dienstagabend auf vereinzelte Kritik. Die Kleinmachnower
Grünen-Abgeordnete Barbara Sahlmann machte aus ihren Bauchschmerzen keinen
Hehl: „Unsere Region ist schon genug gewachsen.“ Es verstoße gegen das
Solidarprinzip, eine prosperierende Region zu fördern und dafür einer anderen
Gelder wegzunehmen. Sahlmann enthielt sich als einzige Kleinmachnowerin der
Stimme. Auch unter den Teltower und Stahnsdorfer Abgeordneten gab es
Stimmenthaltungen beim Votum über das Standortentwicklungskonzept
Fast drei Jahre hatte das Planungsbüro Ernst Basler an dem Papier gearbeitet.
Es beschreibt die Vorzüge der Region und die wissenschaftlichen und
wirtschaftlichen Potenziale, sollten die Fördergelder fließen. Zudem regt es
die Kommunen zu mehr Zusammenarbeit an. Auch wenn an ein Zusammenwachsen noch
nicht zu denken sei, will man in Sachen Verkehrsplanung, Wirtschaftsförderung
und bei der Planung von Wohnsiedlungen, Sportstätten, Kindergärten oder
Supermärkten gemeinsame Sache machen. In diesem Sinne, so hoffte Landrat
Blasig, soll die erste gemeinsame Sitzung auf lange Sicht nicht die letzte
gewesen sein.