PNN 02.03.10

 

Villa mit Orgel

Kleinmachnower Heimatforscher auf den Spuren des bekannten Architekten Caesar Pinnau (02.03.10)

Kleinmachnow - Ein neues Kapitel in der Architekturgeschichte Kleinmachnows hat Ingo Saupe beim jüngsten Treff des Heimatvereins eröffnet. Zu den bekanntesten Architekten, deren Handschrift einige Gebäude des Ortes prägen, gehören Walter Gropius, Egon Eiermann, Max Taut und Hermann Henselmann. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zog die grüne Oase viele Betuchte aus Berlin an, die sich Villen bauen ließen. Caesar Pinnau, ein damals noch unbekannter junger Architekt und Mitarbeiter des Berliner Architekturbüros Breuhaus de Groots, entwarf die Villa für den Berliner Beamten Günter Schönherr und seine Familie. Weil der Bauherr ein leidenschaftlicher Hobbyfotograf war, lichtete er mit seiner Rolei Flex auch die Bauarbeiten für sein neues Heim auf dem Grundstück Steinweg 25 A ab. Ein Foto aus dem Jahre 1936 zeigt den damals 30-jährigen Architekten auf dem Bauplatz, im Hintergrund einige Siedlungshäuser mit dem typischen Satteldach. Das Bild samt Fotoarchiv des Hobbyfotografen übergab der Sohn des Bauherren kürzlich dem Heimatverein. Darunter auch Fotos von der Inneneinrichtung, die ein interessantes Detail offenbarten: eine Hausorgel. Die Orgelpfeifen waren im Keller eingebaut.

Bei seinen Recherchen stieß Heimatvereinsmitglied Ingo Saupe zudem auf die interessante Biografie des Architekten, der nach seinem Studium in Berlin und München Mitarbeiter bei Breuhaus de Groot wurde. In dieser Zeit traf er zum ersten Mal auf exklusive Klientel, für die er Repräsentationsvillen und Inneneinrichtungen entwarf. Aber auch Entwürfe für den Passagiertrakt des Luftschiffes LZ „Hindenburg“ (1932) stammen von ihm.

Ein Jahr nach dem Bau der Kleinmachnower Villa wurde er von Hitlers Generalbauinspektor Albert Speer mit der Innenausstattung der Reichskanzlei beauftragt. Speer war auf Pinnau aufmerksam geworden, weil er für die Größen aus Wirtschaft und Partei zahlreiche Häuser ausgestattet hatte. Dem Architekten brachten die Aufträge Speers später viel Kritik ein.

Nach dem Krieg gründete Pinnau Architekturbüros in Frankfurt/a.Main und Hamburg. Neben zahlreichen Villenbauten beteiligte er sich auch an Wettbewerben. Später war er in London und Paris tätig, baute Hotels und zunehmend Industrie- und Verwaltungsgebäude, deren Gestaltung sich an der klassischen Moderne orientierte. Ein bekanntes Beispiel ist das 1959 entstandene Verwaltungsgebäude der Reederei Hamburg-Süd mit seiner gläsernen, gerasterten Vorhangsfassade. Pinnau gilt auch als Erbauer des New Yorker Olympic Towers, zusammen mit Skidmore, Owings und Merill. Das 52-stöckige Gebäude steht an der Fifth Avenue in unmittelbarer Nähe des Rockefeller Centers. Für den Scheich von Kuweit, Mubarak al Sabah, übernahm er Innenausbau und –einrichtung des Palastes. Einen Namen machte er sich zudem als Denkmalpfleger und Restaurator. Neben Häusern entwarf er auch Schiffe, beispielsweise die Yacht „Christina“ für Aristoteles Onassis. Dessen Residenz auf der Insel Scropio ist gleichfalls ein Projekt Pinnaus.

Trotz großer beruflicher Erfolge blieb der Architekt für viele vor allem der Beauftragte des Generalbauinspektors Albert Speer. 1988 starb Pinnau im Alter von 82 Jahren in Hamburg. Pinnaus Nachlass bearbeitet das Hamburger Architekturarchiv.