PNN 29.01.10

 

Abschied mit Tucholsky

Kulturverein Kleinmachnow gibt auf – nach 20 Jahren fehlt der Nachwuchs (29.01.10)

Kleinmachnow - Er ist eine Institution in Kleinmachnow: der Kunst- und Kulturverein. 1990 war er aus dem legendären „Joliot-Curie-Klub“, Treffpunkt für Intellektuelle und Künstler zu DDR-Zeiten, hervorgegangen. In den vergangenen Jahren organisierte der Verein Autoren-Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und Exkursionen. 2009 waren es nach Vereinsangaben allein 42 Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern. Dennoch löst sich der Verein jetzt auf, bestätigte die Vorsitzende Christine Saretz gestern gegenüber den PNN. Einen entsprechenden Beschluss hätten die Mitglieder bei der Jahreshauptversammlung in dieser Woche einstimmig gefasst.

Grund für die Entscheidung sei der fehlende Nachwuchs, erklärte Saretz: „Auf Dauer kann man einen Verein ohne Mitglieder nicht halten.“ Die Mitgliederzahl habe sich in den vergangenen zehn Jahren auf aktuell 24 halbiert. Saretz konstatiert „eine gewisse Vereinsmüdigkeit“. Für die Neuwahl des Vorstandes am Dienstagabend hätten sich keine Kandidaten mehr gefunden, obwohl seit zwölf Monaten bekannt war, dass der bisherige Vorstand nach mehrjähriger ehrenamtlicher und zeitintensiver Arbeit nicht mehr antreten wird. „Das war das Ende“, so Saretz. Im Februar gebe es einen Notartermin zur Löschung des Vereins.

Der literarisch-musikalische Kurt-Tucholsky-Abend am heutigen Freitag im Rathaus wird somit zur „Abschiedsveranstaltung“, sagt Saretz. Trotzdem will sie nicht ausschließen, dass es auch künftig „die eine oder andere Veranstaltung“ geben wird: „Das geht auch ohne die Vereinsstruktur mit dem Verwaltungsaufwand.“ Denkbar sei etwa die Weiterführung des Engagements als angemeldete „Gruppe“ unter dem Dach des Kulturbundes Brandenburg. „Wir werden das über unseren Mail-Verteiler vorschlagen.“

Sein eigenes Domizil im Zehlendorfer Damm hatte der Kulturverein bereits 2006 aufgegeben. Diese Räumlichkeiten hatte schon der Vorgängerverein genutzt. Gegründet wurde der Joliot-Curie-Klub nach dem Vorbild des in Dresden von Manfred von Ardenne ins Leben gerufenen „Intelligenz-Klubs“ im März 1962 auf der Hakeburg, wie Hubert Faensen in seinem Buch zur Geschichte der Hakeburg („Hightech für Hitler“) schreibt. 309 Mitglieder und weit über 100 Veranstaltungen pro Jahr zählte der Verein damals. Künstler wie die Schriftstellerinnen Christa Wolf und Maxie Wander oder Regisseur Frank Beyer verkehrten in dem Klub, aber auch Ingenieure, Ärzte und Lehrer. Aus Berlin kamen regimekritische Gäste wie Liedermacher Wolf Biermann und Manfred Krug. Die Hakeburg war laut Faensen bis 1967 Vereinssitz. Jana Haase

Der Tucholsky-Abend findet heute um 19.30 Uhr im Rathaus, Adolf-Grimme-Ring 10, statt. Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro.