PNN 08.12.09

 

"Nicht mit Finger auf andere zeigen"

Fall Nitzsche: Ludwig fordert von Kreis-SPD "stasifreie Reihen" / Kreischefin Melior verwundert (08.12.09)

Kleinmachnow / Potsdam - Die SPD soll auch im Landkreis Potsdam-Mittelmark für „stasifreie Reihen“ sorgen. Das fordert die Kreisvorsitzende der CDU, Saskia Ludwig, von der SPD-Unterbezirkschefin Susanne Melior. Ludwig und Melior sitzen beide im Landtag. Melior sei gefordert, die von Ministerpräsident Matthias Platzeck „formulierte Aufklärung bei der SED-Nachfolgepartei auf Landesebene auch in der eigenen Partei in Kleinmachnow umzusetzen“, so Ludwig mit Blick auf den Kleinmachnower Gemeindevorsteher Klaus Nitzsche. Saskia Ludwig weiter: „Die Stasi-Koalition in Brandenburg darf nicht negativ auf Kleinmachnow abfärben.“

Wie berichtet, steht Nitzsche wegen seiner früheren Tätigkeit als Informeller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit in der Kritik. Er soll für die Auslandsspionage gearbeitet und nach seiner Rückkehr in Kleinmachnow Bekannte ausgehorcht und Fluchthelfer verraten haben. Nitzsche beteuert, dass nur ein Bruchteil der Aussagen in seinen Akten von ihm stammten. Am Donnerstag entscheiden die Kleinmachnower Gemeindevertreter über einen Abwahlantrag – gestellt von der SPD-Fraktion.

„IM ,Gerd’, der 1978 während eines Auslandsaufenthalts im damaligen Leningrad eine Erklärung zur ,Bekämpfung imperialistischer Geheimdienste’ unterschrieben hat, kann nicht anders behandelt werden, als ein Gerd-Rüdiger Hoffmann aus der SED-Nachfolgepartei“, so CDU-Kreischefin Ludwig in einer Pressemitteilung. „Platzeck sagte, dass sich die Sozialdemokraten von ihrem Partner getäuscht fühlen, ,der es immer noch nicht geschafft hat, die Lasten der Vergangenheit hinter sich zu lassen.’ Frau Melior sollte nicht mit dem Finger auf andere zeigen und in ihrem eigenen Unterbezirk weiter einen IM als Chef der Gemeindevertretung dulden.“

Susanne Melior zeigte sich verwundert über die Anwürfe: „Da wird versucht, ein Thema in unzulässiger Weise zu verdrehen“, sagte sie gestern auf PNN-Anfrage. Von Klaus Nitzsche sei schon – anders als bei drei Landtagsabgeordneten der Linken – seit Jahren bekannt, dass er Stasi-IM war. Dies sei einer der Gründe gewesen, warum er 1993 vor einer erneuten Kandidatur als Kleinmachnower Bürgermeister Abstand nahm. Der SPD-Ortsverein habe Nitzsche auch nie als Vorsitzenden der Gemeindevertretung gewollt, „er ist durch die kleinen Fraktionen für das Amt vorgeschlagen worden“, so Melior. Sie seien jetzt auch gefragt, wenn es um Nitzsches Abwahl geht und müssten sich überlegen, „ob das in Ordnung ist, sich mit Stasimethoden einwickeln zu lassen“. Das Nitzsche noch nicht selbst zurückgetreten ist, sei „kein demokratisches Verhalten“, so Melior. „Es ist höchste Zeit, dass er den Schritt vollzieht.“

Die Meinung des SPD-Ortsvereins und auch ihre Meinung als Kreisvorsitzende sei bekannt: „Leute mit so einer Vergangenheit sollten keine führenden Funktionen innehaben.“ Verwunderlich sei für sie, dass Nitzsche nach der Stasi-Überprüfung der Kreistagsmitglieder im Jahr 2007 nicht sein Mandat zurückgeben musste, obwohl den Kreistagspräsidenten seinerzeit die CDU stellte.

Am Donnerstag steht nicht nur die Abwahl Nitzsches, sondern auch seiner beiden Stellvertreter auf der Tagesordnung.

Henry Klix