PNN 03.12.09

 

Experten für Infektiologie informierten in Kleinmachnow zum Thema Schweinegrippe und Impfung (03.12.09)

Kleinmachnow - Etwa 200 Patienten hat Dr. Jörg-Peter Pinnow bisher in seiner Praxis am Kleinmachnower Rathausmarkt gegen Schweinegrippe geimpft. Nennenswerte Komplikationen habe es bisher nicht gegeben. Selbst hat er sich auch immunisieren lassen – weil er nicht verantworten könne, seine Praxis aus Krankheitsgründen zu schließen, sagte der Facharzt für Inneres und Experte für Infektiologie jetzt auf einer Informationsveranstaltung im Kleinmachnower Rathaus. Das Thema Schweinegrippe hatte in den vergangenen Wochen auch in Kleinmachnow für viele Diskussionen gesorgt. Daraus war die Idee erwachsen, gemeinsam mit dem Leiter der Infektiologie des Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikums, Dr. Wolfgang Güthoff, dieses Informationsforum anzubieten, das jedoch nur von einigen wenigen Kleinmachnowern genutzt wurde.

Mitarbeiter im Gesundheitswesen sollten sich gegen Schweinegrippe impfen lassen, ebenso wie Patienten mit bestimmten Grunderkrankungen wie Diabetes, Asthma, Herz- und Lungenproblemen oder einem geschwächten Immunsystem, empfahl Pinnow. Gesunden Menschen rät er in seiner Praxis jedoch, genau abzuwägen, ob sie die Impfung wollen. Derzeit bestehe kein Grund zur Panik, die Schweinegrippe gehe in der Regel schnell vorüber und heile folgenlos ab. Bei Komplikationen stehe das Medikament Tamiflu für die Behandlung zur Verfügung, so Pinnow. Auf der anderen Seite gebe es noch zu wenig Erfahrung mit dem neuen Impfstoff, um Langzeitnebenwirkungen auszuschließen. Auf die Bundesregierung ist Pinnow nicht gut zu sprechen. „Sie hat alles getan, um ihre eigene Impfkampagne zu sabotieren“, sagte der Arzt. So sei es unverständlich, dass ausschließlich die Regierung und die Bundeswehr einen Impfstoff ohne den viel diskutierten Wirkverstärker bekomme.

Ältere Menschen ab dem 60. Lebensjahr sind laut Statistik derzeit nur sehr selten von der Schweinegrippe betroffen. Wenn es sie treffe, bestehe jedoch ein erhöhtes Komplikationsrisiko, so die Experten. Vor allem bei Schulkindern habe sich der Virus indes schnell ausgebreitet. Betroffene Kinder sollten mindestens eine Woche zu Hause bleiben, um der Ansteckungsgefahr vorzubeugen, so Pinnow. Persönlich hätte er jedoch keine Bedenken, seinen nicht geimpften Sohn in die Schule zu schicken, wenn es dort die Schweinegrippe gebe. Auch die Geschwister von erkrankten Kindern könnten die Schule besuchen.

Er sei grundsätzlich ein Impfbefürworter, sagte Wolfgang Güthoff. „Auch deshalb weil ich täglich die schweren Grippefälle in meiner Klinik sehe“, so der Infektiologe. Der angebotene Impfstoff Pandemrix sei im Paul-Ehrlich-Institut des Bundesgesundheitsministeriums gewissenhaft geprüft worden und ein ähnlicher Wirkverstärker werde seit Jahren schon in anderen Impfstoffen ohne Probleme genutzt. Anfangs sei es jedoch nicht so einfach gewesen, selbst das medizinische Personal von der Notwendigkeit der Impfung zu überzeugen, so Güthoff. Eine generelle Empfehlung zur Impfung für Menschen, die keiner Risikogruppe angehören, wollte jedoch auch er nicht geben. „Ich weiß nicht wie ich handeln würde, wenn ich nicht im Gesundheitswesen tätig wäre“, so der Infektiologe angesichts der derzeit meist milden Verläufe der Schweinegrippe.

Entwarnung in puncto Schweinegrippe wollten beiden Experten indes noch nicht geben. In der Geschichte seien Grippepandemien stets in mehreren Wellen aufgetreten, berichtete Pinnow. So sei es auch 1918/19 bei der verheerenden „Spanischen Grippe“ gewesen, die in ihrer zweiten Welle allein in den USA Millionen Todesopfer forderte. Allgemeine Empfehlungen hinsichtlich Impfung und Therapie könnten sich im Zuge der weiteren Entwicklung der Schweinegrippe schnell ändern, sagt Pinnow. Deshalb empfahl er den Zuhörern, im Gespräch mit dem Arzt jeweils die beste Lösung für den individuellen Fall zu finden.Hagen Ludwig