PNN 11.11.09

 

"Wir fahren jetzt nach’n Westen" Zeitzeugen sprachen im Rathaus Kleinmachnow

Kleinmachnow - Klaus-Jürgen Warnick war am Montagabend ohne eine vorbereitete Rede an das Pult im Kleinmachnower Rathaus getreten: „Ich kann mich auch so an jede Minute der Nacht des 9. November ’89 erinnern“, sagte Warnick. Seine Erzählungen und die des damaligen Zehlendorfer Bürgermeisters Jürgen Klemann ernteten auf der Festveranstaltung zum 20. Jahrestags des Mauerfalls den längsten Beifall – die Erinnerungen berührten und gaben einen Einblick in die Erlebnisse in Ost und West.

Während der Zehlendorfer Bürgermeister Klemann den Abend des 9. November zunächst in einer Rathaussitzung verbrachte, saß Warnick auf einer Couch in Kleinmachnow. Im Fernsehen lief ein Fußballspiel. Dann kam die Nachricht der Grenzöffnung. „Ich konnte es nicht glauben“, erzählte Warnick. „Das probieren wir aus“, habe er einem Freund gesagt. „Wir fahren jetzt nach’n Westen.“ Mit 100 zurückgelegten Westmark machten sie sich auf den Weg und reihten sich ein in die wachsende Zahl der Fahrzeuge am Grenzübergang Dreilinden. „Wir waren Auto Nummer fünf.“ Um 0.30 Uhr wurde der Übergang geöffnet. „Wir mussten den Kofferraum aufmachen“, sagte Warnick. „Der Grenzer konnte nicht anders.“

Während Warnick seinen Vater aus Berlin anrief und ihn bat, nach den Kindern zu sehen – nachdem er ihm versichert hatte, zurückzukommen – hatte sich auch der Berliner Klemann auf den Weg zum Brandenburger Tor gemacht: „Es waren enorm viele Trabis unterwegs.“ An der Mauer gabelte er drei junge „DDR’ler“ auf und lud sie auf eine Cola und einen Burger bei McDonalds ein. „Ich bin froh, dass ich mich auf die Beine gemacht habe“, sagte Klemann.

Warnick kam am Morgen des 10. November zurück. „Ich ging zwei Stunden zur Arbeit, dann wollte ich wieder rüber.“ Bis zum Abend fuhr er noch dreimal nach Berlin. „Ich musste immer wieder hin.“ Einen Tag später wurden in Kleinmachnow die ersten Grenzschilder demontiert. Ein weiterer Grenzübergang sollte geöffnet werden: „Können wir unseren Westasphalt auf das Hoheitsgebiet der DDR kippen? Was wird der Rechnungshof dazu sagen?“, wurde Zehlendorfs Bürgermeister Klemann gefragt. Wenige Zeit später dampfte der frische Asphalt in Düppel. Tobias Reichelt