PNN 26.09.09

 

Von Tobias Reichelt

Good bye, Gehweg !

Schauspieler Florian Lukas protestiert in Kleinmachnow gegen Betonpflaster (26.09.09)

Kleinmachnow - Es ist früh am Morgen in einer Kleinmachnower Seitenstraße. Die Temperaturen sind herbstlich frisch, die Finger klamm. Dennoch hält Florian Lukas sein Pappschild fest in den Händen. Der Filmschauspieler, bekannt als „Denis“ im Publikumshit „Good bye, Lenin!“, protestiert. Ganz allein. Es ist eine Szene wie aus einem Film: Florian Lukas steht vor dem Küchenfenster des Bürgermeisters Michael Grubert (SPD), in großen Lettern ist auf seinem Schild zu lesen: „Herr Bürgermeister, wir leben in einer Demokratie und das ist auch gut so!“

Seit fast sechs Jahren wohnt Florian Lukas in Kleinmachnow. Demonstriert hat er hier noch nie. „Mir gefällt Kleinmachnow sehr gut“, sagt der Schauspieler. Fast scheint er selbst überrascht von seinem Einsatz. Doch die Debatte um das graue Betonsteinpflaster auf den Gehwegen, die hat ihn gereizt – so sehr, dass er zum Sprecher einer Initiative von fast 40 Anwohnern des Steinwegs wurde.

Entzündet hat sich deren Zorn an den Bauplänen des Rathauses: Das will die Gehwege des Steinwegs auf einer Breite von 2,5 bzw. 1,5 Metern auf den jeweiligen Straßenseiten auspflastern. Kostenpunkt: 290 000 Euro – bis zu 4000 Euro wären pro Anlieger fällig, schätzt Lukas. Ob die aber überhaupt betongraue Pflastersteine haben wollen, wurde nicht ein einziges Mal gefragt, ärgert er sich. „Ich bin enttäuscht, dass damit so unsensibel umgegangen wird.“

Wie berichtet, hatten die Steinwegler ihre Bedenken am Montag im Bauausschuss vorgetragen. Sie schlugen Alternativen vor, zum Beispiel eine wassergebundene Decke, ein heller Schotter, der ansehnlicher und kostengünstiger sei als der graue Beton. Gehört wurden sie von der Verwaltung nicht: Trotz einstimmiger Kritik auch der Bauausschussmitglieder hält das Rathaus an den ungeliebten Plänen fest.

So fand sich Lukas am nächsten Morgen vor dem Küchenfenster des Bürgermeisters ein. „Er kam heraus und hat gefragt, wer ich bin“, erzählt der engagierte Schauspieler, der bei „Kammerflimmern“, „Der Eisbär“ oder „Nordwand“ auf der Leinwand zu sehen war. Nach einem kurzen Gespräch habe Grubert ihm eine Visitenkarte in die Hand gedrückt und einen schönen Tag gewünscht. „Argumente haben ihn nicht interessiert“, sagt Lukas. Immerhin: Einige Minuten später, sei Grubert erneut herausgekommen, in der Hand eine Tasse dampfenden Kaffee. Er könne sich das nicht mit ansehen, habe er gesagt. Florian Lukas lehnte ab und setzte den Protest fort. Grubert trank seinen Kaffee allein – hinterm Fenster. Stoff für einen Film.

Trotz des Zuspruchs von FDP und Grünen blieb die Mini-Demo im Ort nicht unumstritten: Die Awo-Senioren begrüßen das Betonpflaster. Der Steinweg sei eine der „Hauptrouten auf dem Seniorenstadtplan“, sagt Awo-Ortschefin Edith Lowack. Eine Schotterdecke bringe viele Nachteile, für den Winterdienst und auch für Rollstuhlfahrer, mahnte sie. Dennoch: Der Bürgermeister scheint beeindruckt vom Protest vor seiner Haustür. Als er sich auf den Weg zum Rathaus machte und ein drittes Mal an Lukas vorbeiging, habe er ihm zugerufen: „Die Aktion gefällt mir.“ Gestern kündigte Bauamtsleiterin Barbara Neidel an, der Bürgermeister wolle sich am Montag im Bauausschuss dazu äußern. Details verschwieg sie, nur soviel: Man nehme die Hinweise ernst. Florian Lukas ist gespannt. „Ich gebe dem Bürgermeister noch eine Chance“, sagt er.