PNN 22.09.09

 

Von Matthias Matern

Geduldsprobe Recht

In keinem anderen Bundesland müssen Bürger an Verwaltungsgerichten so lange auf ein Urteil warten wie in Brandenburg (22.09.09)

Potsdam - Wollen Brandenburger gegenüber den Verwaltungen im Land ihr Recht erstreiten, brauchen sie vor allem eines: viel Geduld, sehr viel Geduld. Denn noch immer liegen die Verfahrensdauern vor den drei Verwaltungsgerichten im Land Brandenburg weit über Bundesdurchschnitt. Wer etwa eine – zuvor abgelehnte – Baugenehmigung für eine Garage durchsetzen will, muss vom Einreichen der Klage bis zum Urteilsspruch mit einer Dauer von nicht unter drei Jahren rechnen.

Als Grund dafür wird die immer noch sehr hohe Zahl alter, nicht bearbeiteter Klagen genannt, die die Gerichte blockieren. Vor allem die Flut an Klagen im Zusammenhang mit Rückübertragungsansprüchen von Grundstücken nach der Wende hat sich zu einem Berg langwieriger, zäher Verfahren aufgestaut, hieß es auf Nachfrage bei den Gerichten.

Die Verfahrensdauer an den Verwaltungsgerichten in Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder) liegt mit durchschnittlich rund 32 Monaten weit über dem anderer Bundesländer. In Nordrhein-Westfalen etwa sind es lediglich 15,4 Monate. Trotz aller Kritik sieht der Potsdamer Rechtsanwalt Matthias Dombert immerhin Licht am Ende des Tunnels: „Es ist schon sehr viel besser geworden. Früher war es deutlich schlimmer.“ Dennoch dauere es nach wie vor in Brandenburg viel zu lange, bis ein Verfahren zum Abschluss gebracht werde, so Dombert.

Tatsächlich hat sich die Situation an den Gerichten in den vergangenen Jahren entspannt. Am Verwaltungsgericht Cottbus etwa ist eine Kammer ausschließlich mit der Abarbeitung alter Verfahren beschäftigt. Mittlerweile ist der Berg an Altbeständen deutlich kleiner geworden. „Heute beträgt der Anteil von Verfahren die fünf Jahre und älter sind nur noch knapp fünf Prozent“, berichtet Wilfried Peters, Sprecher des Oberverwaltungsgerichtes Berlin- Brandenburg. „Noch vor wenigen Jahren waren es knapp 20 Prozent.“ Die Lage habe sich langsam, aber spürbar verbessert. „Befriedigend ist die Situation aber immer noch nicht.“

Bei der Zahl der Verfahren pro Richter gilt Brandenburg sogar bundesweit als Spitzenreiter – oder, je nach Lesart als Schlusslicht. Deshalb will Landesjustizministerin Beate Blechinger (CDU) den Berg alter Verfahren so schnell wie möglich abtragen lassen. „Der Abbau von Altbeständen hat Priorität“, so Blechinger. Und obwohl erst die Altbestände vom Richtertisch sollen, habe man an den Gerichten „die durchschnittliche Verfahrensdauer gegenüber dem Jahr 2007 um mehr als drei Monate senken können“, so Blechinger auf Anfrage. Noch 2007 habe der Mittelwert 35 Monate betragen.

Am längsten ist die durchschnittliche Verfahrensdauer mit 33,36 Monaten am Verwaltungsgericht Potsdam. In Cottbus sind es 32,39 Monate, in Frankfurt (Oder) dagegen nur gut 30 Monate. Der Verwaltungsrechtler und Geschäftsführer der brandenburgischen Anwaltskammer, Rechtsanwalt Rüdiger Suppé, erklärt den unrühmliche Spitzenplatz des Gerichtsbezirks Potsdam mit der großen Zahl an umstrittenen, weil besonders attraktiven Grundstücke im nahen Berliner Umland. „Vor allem um Immobilien in den Gemeinden Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow wurde besonders viel geklagt“, erläutert Suppé.

Trotz der langen Wartezeiten für neue Verfahren sieht der Verwaltungsrechtler die Rechtssicherheit in Brandenburg nicht gefährdet. „Für besonders dringliche Fälle oder solche mit einem Gefahrenpotenzial gibt es den sogenannten Eilrechtsschutz“, sagt Suppé. Das funktioniere auch im Gerichtsbezirk Potsdam problemlos.

Dem Bürger, der sich um die Genehmigung für seine Garage, den Carport oder gar das Haus streite, nutze der Eilrechtsschutz allerdings nichts, schränkt Anwalt Dombert ein: „Ihm bleibt auch weiterhin nichts anderes übrig, als zu warten.“