PNN 07.09.9

 

Abschied von Ein-Euro-Jobbern

Maia hat Zuschüsse gekürzt / GBG Teltow stellt Arbeit ein / Kommunen suchen Alternativen

Von Thomas Lähns und Tobias Reichelt
Potsdam-Mittelmark - Sie sind mindestens so umstritten wie die Hartz-IV-Gesetze insgesamt: Im Rahmen von Ein-Euro-Jobs pflegen Arbeitslose Grünanlagen, putzen Wege oder packen bei Vereinen mit an. Kritik kommt unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund: „Ein-Euro-Jobs sind teurer als man denkt, bieten keine Perspektiven, fördern das Lohndumping und gefährden sogar reguläre Arbeitsplätze“, heißt es in einer Stellungnahme des DGB. Die im Landkreis verantwortliche Mittelmärkische Arbeitsgemeinschaft zur Integration in Arbeit (Maia) hat jetzt reagiert: Statt Ein-Euro-Jobs werden in diesem Jahr verstärkt Weiterbildungen gefördert, um Langzeitarbeitslose für einen regulären Job zu rüsten. In den Gemeinden jedoch fehlen nun diese kostenlosen Helfer.
Die erste gravierende Konsequenz: Die Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft Teltow, die bislang einen Großteil der Ein-Euro-Jobber im Kreis koordiniert hat, stellt zum Jahresende ihre Arbeit ein. „Es ist radikal gekürzt worden, für uns reicht das Geld nicht mehr“, so Geschäftsführer Michael Burhenne gegenüber den PNN. Hatte die GBG in Spitzenzeiten bis zu 450 Kräfte im Einsatz, seien es nun nur noch knapp 100. In den 19 Jahren ihres Bestehens hat die Einrichtung mehr als 4000 ABM- und Ein-Euro-Jobs ermöglicht. Nun jedoch würden nicht nur weniger Kräfte gefördert, auch die Aufwandsentschädigung sei gekürzt worden. Statt 120 Euro gebe es nur noch 90 bis 100 Euro im Monat. Kritik übt Burhenne an den Kommunen, die letztlich von den Arbeitskräften profitiert hätten: „Sie hätten uns finanziell einfach besser unterstützen sollen.“
In den Gemeinden haben sich die Ein-Euro-Jobber mittlerweile unentbehrlich gemacht. Nachdem bereits ein Teil der Stellen nicht mehr besetzt worden ist, sieht man hier Grünflächen verwildern, Wege zuwachsen, das Ortsbild generell leiden. So klagt der Ortsbeirat Wilhelmshorst seit geraumer Zeit, dass der Irissee im Herzen der Waldgemeinde zunehmend verlandet. Gemeindevertreter Gerhard Mühlbach (SPD) konnte in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Hilfe von Langzeitarbeitslosen setzen, die ihm beim Aufräumen im Ort geholfen haben. Waren im vergangenen Jahr noch acht Ein-Euro-Jobber bewilligt worden, ist es in diesem Jahr noch gar keiner gewesen. „Wir hoffen, dass wir im Herbst doch noch zwei bekommen, um der herabfallenden Blätter Herr zu werden“, so Mühlbach. Ortsvorsteherin Irmgard Richard (SPD) will indes die Anlieger ermutigen, den Irissee in Ordnung zu bringen. „Das Interesse ist zwar da – aber anders als die Ein-Euro-Jobber haben wir nicht die nötigen Arbeitsgeräte“, sagt sie. Insgesamt sind in der Gemeinde Michendorf in diesem Jahr noch 12 Ein-Euro-Jobber im Einsatz: Mehrere an den Schulen und Kitas, ein weiterer hält den Friedhof in Ordnung. 19 Kräfte waren es noch 2008.
Angst und Bange wird es auch Wolfgang Hirte angesichts des drohenden Arbeitskräftemangels. Hirte ist der Wegewart für die Wanderstrecken in der Region Teltow. Bislang kümmerten sich unter seiner Führung Jahr für Jahr knapp zehn Ein-Euro-Jobber um die Pflege der Wege durch das Grün der Region. Bäume wurden zurückgeschnitten, Wegweiser aufgestellt und Laub geharkt. Bislang mit stetiger Sorgfalt und Zuverlässigkeit.
Für das kommende Jahr sieht Hirte allerdings schwarz. Dann würden die Kürzungen rund um Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf zu spüren sein, warnt er. Das Problem: Die Zahl der bewilligten Ein-Euro-Helfer bemisst sich für jede Region an der Höhe ihrer Arbeitslosenquote. Die ist in Teltow erfreulicherweise gering – leider, sagt Hirte, gibt es deshalb aber auch weniger Ein-Euro-Jobber. Nach der Kürzung nun noch weniger. „Aber sie sind wichtig für die Region“, sagt Hirte. Er fordert deshalb die Gemeinden auf, sich frühzeitig dem absehbaren Mangel anzunehmen. Hirte schlägt vor, dass künftig die gemeindeeigenen Bauhöfe die ABM-Kräfte betreuen könnten. Denn das Aus der GBG-Teltow bringt mehr Probleme als man vermutet: Die Betreuung der Kräfte sei eine Sache, ihre Ausstattung mit entsprechendem Werkzeug die andere. Die GBG war „ordentlich ausgestattet“, sagt Hirte. Von wem die Ein-Euro-Jobber künftig ihre Harken, Besen, Kettensägen oder Transporter bekommen, ist aber noch unklar.
„Man darf sich nicht daran gewöhnen, den Betrieb mit Ein-Euro-Jobbern in Gang zu halten“, warnt indes Maia-Geschäftsführer Bernd Schade und unterstreicht, dass diese nur zusätzlich Arbeiten verrichten dürfen und reguläre Arbeitskräfte nicht ersetzen können. In diesem Jahr würde die Maia immer noch „haufenweise“ Ein-Euro-Jobs finanzieren, aber letztendlich habe man Geld umgeschichtet, weil Langzeitarbeitslose mit einer Weiterbildung 50 Prozent mehr Chancen auf einen neuen Job hätten. Mit einem Ein-Euro-Job erhöhe sich diese Chance nur um 10 bis 20 Prozent.