PNN 26.07.09
Von Tobias Reichelt
Kleinmachnow - „Wir fahren jetzt los“, schallt es von einem jungen
Familienvater quer über die Straße. „Alles ok“, ruft Jürgen Glindemann seinem
verreisenden Nachbarn zurück. Der 65-jährige Rentner wird das unbewohnte
Nachbarhaus in den kommenden Tagen besonders im Auge behalten: Ohne seine
Bewohner ist es interessant für Einbrecher, erklärt Glindemann. Er will das
Grundstück nun täglich ein bis zweimal kontrollieren. „Das ist hier so üblich.“
Seit über zehn Jahren gehört der Ruheständler der Kleinmachnower
Sicherheitspartnerschaft an – eine Art Bürgerwehr, nur ohne Waffen und mit
offizieller Genehmigung der Polizei. Die insgesamt zwölf Ehrenamtler streifen
fast täglich durch den Ort, melden randalierende Jugendliche, Auto- oder
Fahrraddiebstähle und klären die Kleinmachnower in Sicherheitsfragen auf. Mit
Erfolg: Die Zahl der hier erfassten Straftaten ist seit dem Start des Projekts
stetig gesunken. Allein zwischen 2007 und 2008 ging die Zahl der in
Kleinmachnow gemeldeten Delikte laut Polizeistatistik um 38 Prozent zurück.
Im Frühjahr 1998 hatten der Kleinmachnower Bürgermeister, der Leiter des
Ordnungsamtes und die Polizei zu einer Informationsveranstaltung über die
allgemeine Sicherheitslage ins Rathaus eingeladen. Dabei ging es auch um die
Gründung der Sicherheitspartnerschaft. Ein Wilhelmshorster informierte über die
Erfahrungen in seinem Ort. Am Ende der Veranstaltung lagen dem
Fachbereichsleiter für Sicherheit und Ordnung in Kleinmachnow die ersten
Aufnahmeanträge vor. Anfangs als „Polizeihelfer“ belächelt, wurden die
Sicherheitspartner zunehmend akzeptiert. Auch in Teltow und Stahnsdorf ist man
mittlerweile dem Vorbild gefolgt und hat Sicherheitspartnerschaften gegründet.
„In guten Zeiten waren wir 17 Leute“, sagt Glindemann. Heute fehlt den
Sicherheitspartnern der Nachwuchs. Besonders Jugendliche oder Frauen könnten
die Truppe der älteren Herren auflockern. Angst vor Verpflichtungen müssten
Interessierte nicht haben. „Es gibt keinen Stundenzettel oder
Pflichtpatrouillen“, sagt Glindemann. Nur mindestens 18 Jahre müsse man alt
sein und ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis vorweisen können.
„Beobachten, Verdächtiges aufspüren, Polizei und Ordnungsamt alarmieren“, zählt
Glindemann die Aufgaben der Ehrenamtler auf. „Es geht vor allem darum, die
Augen offen zu halten“, sagt er. Denn Straftaten wie Wohnungseinbrüche würden
von Kriminellen gut vorbereitet. Häuser und das Verhalten ihrer Bewohner würden
lange vor einem Einbruch ausspioniert. Hinweise wachsamer Nachbarn an die
Polizei oder die Sicherheitspartner seien daher immer hilfreich.
Alle drei Monate treffen sich die Ehrenämtler im Rathaus zur Lagebesprechung
mit der Polizei. Die Beamten berichten dort über neueste Einbruchsserien und
stimmen die Einsatzgebiete mit den Sicherheitspartnern ab. Ab und zu helfen die
Ehrenamtler sogar bei Observationen der Polizei aus. Dafür haben sie eigens
eine Kurzausbildung erhalten.
„Wir sind keine Rambos oder Hilfssheriffs“, sagt Glindemann und lehnt sich in
seinem Gartenstuhl zurück. Von seiner hohen Terrasse genießt er einen guten
Blick in die benachbarten Gärten hinein. Direkt über seinem Kopf hängt unter
dem Dach eine nicht zu übersehene Videokamera, daneben eine rote Alarmleuchte.
Einbrecher müssten sich bei ihm auf einiges gefasst machen. Das verdeutlichen
auch zwei Schilder direkt neben dem Gartentor: „Achtung Videoüberwachung“ und
„Vorsicht! Wachsamer Nachbar“ ist darauf zu lesen.
Bislang, sagt Glindemann und pocht mit seiner Faust auf den Kopf, haben es
Einbrecher bei seinem Haus noch nicht probiert. Damit das in der Nachbarschaft
so bleibt, will der Rentner weiter mit offenen Augen durch Kleinmachnow gehen.