Auf den Spuren der Teltow-Werft

Beim Kleinmachnower Schleusenfest konnte man zu Wasser in die Geschichte des Teltowkanals reisen (22.06.09)

Kleinmachnow – Die „Teltow-Werft" liegt in Berlin-Zehlendorf! Was kurios erscheinen mag, wird erst durch die Geschichte des Landkreises Teltow verständlich, denn der erstreckte sich einst bis nach Wilmersdorf und Tempelhof im Norden, Babelsberg im Westen und Zossen im Süden. Auf einer Fahrt über den von Ernst von Stubenrauch initiierten und 1906 von Kaiser Wilhelm II. eröffneten Teltowkanal staunten am Samstag selbst Einheimische über die wechselvolle Historie von Werft und Gewässer.

Die Geschichte des Teltowkanals stand im Mittelpunkt des diesjährigen Kleinmachnower Schleusenfestes. Denn erst seit 20 Jahren kann die Strecke wieder von allen frei befahren werden. Wo zu DDR-Zeiten noch an beiden Ufern bewaffnete Grenzposten patrouillieren, ziehen jetzt wieder Wassersportler und Binnenschiffer ihre Bahnen. Eine Ausstellung auf dem Festplatz an der Schleuse zeigte dementsprechend den Teltowkanal als deutsch-deutsche Grenze, das neue Informationszentrum „Linie 96“ präsentierte sich der Öffentlichkeit, es gab jede Menge Stände, und sogar die MS Moby Dick wich von ihrem herkömmlichen Kurs ab und pendelte unter Händels Wassermusik zwischen Kanal und Machnower See.

Unterdessen unternahm die Barkasse „Pirol“ einen Ausflug in die mehr als hundertjährige Kanalgeschichte. Vorbei am „Dorf Kleinmachnow“, dessen Kirchturm die Baumwipfel am Machnower See überragt, ging die 15-minütige Fahrt durch die grüne Kanalauenlandschaft. Die Fahrgäste erfuhren unterwegs von den handfesten Problemen, die den Kanalbau Ende des 19.Jahrhunderts immer dringlicher werden ließen – weil der Region die Entwässerung fehlte. So war es der Initiative des „eisernen Landrates“ Ernst von Stubenrauch zu verdanken, dass mit dem Bau des Kanals – einem der modernsten jener Zeit – auch der wirtschaftliche Aufschwung in die Ackerbürgerstadt Teltow einzog. Schiffe wurden mit Hilfe von elektrischen Treidelbahnen, deren Gleise auf beiden Seiten des Kanals lagen, per Stahlseil durch die Wasserstraße gezogen. Die Schleppgeschwindigkeit für vollbeladene Kähne betrug rund vier bis sechs Kilometer pro Stunde. Den Strom für die Treidelei lieferte die „elektrische Centrale“ auf dem Gelände der Werft. Doch nicht nur die 20 Lokomotiven wurden mit Energie versorgt, auch an die Industrie konnte billig Strom abgegeben werden, was weitere Firmen bewog, sich am Teltowkanal anzusiedeln. Neben dem Kraftwerk befanden sich einst auch Werkstattgebäude für die Kanalkähne. Den einstigen Hafen, der als kurzer Stichkanal in das Gelände der Zehlendorfer Sachtlebenstraße gebaggert wurde, gibt es noch heute.

An der Teltow-Werft existierten früher zwei Brücken, eine über der Hafeneinfahrt, eine weitere zwischen Zehlendorf und Teltow, die die Werft mit dem Betriebsteil auf der Teltower Seite verband. Im Zweiten Weltkrieg ist die Treidelbahn zerstört worden, mit dem Mauerbau wurde auch die Werft stillgelegt. Auf Hafengelände ist allerdings noch Einiges aus den Anfangsjahren erhalten geblieben. Das ehemalige Dienstgebäude ist heute ein Wohnhaus, die Kesselhalle des Kraftwerkes wird mittlerweile als Lagerraum genutzt.

Seit einigen Jahren ist auch in den Hafen wieder Betrieb zurückgekehrt. Die auf Wasserbau spezialisierten Firmen Berhard Bunte und Heinrich Hirdes haben mit Arbeitsschiffen am Kai angelegt. Doch die meisten Häfen, wie zum Beispiel der Osthafen, würden stillgelegt werden, wie Hans Joachim Bunzel vom Wasser- und Schifffahrtsamt auf der Fahrt kopfschüttelnd berichtete. Künftig werden auch keine neuen mehr gebaut. Eigentlich sei es schade, dass die alten Häfen ungenutzt bleiben, fanden auch die Passagiere auf der „Pirol“. „Dabei finden Sportboote oft keine Möglichkeiten, um anzulegen", so Bunzel. Er hoffe, „dass sich die entsprechenden Stellen mal zusammensetzen". Kirsten Graulich