PNN 16.03.09
Von Michael Meyer
Kleinmachnow – Heute wird wohl nur Enzo ein trauriges Gesicht
machen. Der neunjährige Gordon-Setter ist es gewöhnt, Tag für Tag an der Seite
Horst Heilmanns und dessen Frau Gabriele durch Kleinmachnow und den
Dreilinderwald zu traben. „Er ist mein Sparringspartner und immer einen Schritt
vor mir“, erzählt Horst Heilmann, der heute die Laufschuhe aus lässt – denn er
wird 70 und feiert. Schon am Vormittag erwartet das Kleinmachnower Urgestein
Weggefährten wie die Potsdamer Läufer Paul Krebs und Leo Hohmann sowie weitere
gute Bekannte, am Abend wird dann in einer Gaststätte „ganz in Familie“ doppelt
gefeiert. Heilmanns Zwillingsschwester Waltraud Hartmann – eine Stunde älter
als er – ist ebenso mit von der Partie wie Bruder Klaus (73) und Schwester
Brigitte Moselewski (76). „Wir sind alle hier geboren und in Kleinmachnow
geblieben“, sagt Horst Heilmann – nicht ohne ein bisschen Stolz in der Stimme.
Aus dem Gemeindeleben ist der gelernte Maler und spätere Industriegrafiker
nicht wegzudenken. Heilmann wirkt für die Fraktion „Wir für Kleinmachnow“ in
der Gemeindevertretung und im Ausschuss für Schule, Kultur und Soziales, gehört
dem Aufsichtsrat der Wohnungsgesellschaft „Gewog“ an, ebenso dem Heimatverein –
und zählt seit Jahrzehnten zu den sportlichen Motoren seiner Heimatgemeinde.
Gemeinsam mit seiner Frau und weiteren Gleichgesinnten gründete er 1995 den
Kleinmachnower Laufclub, mit dem er die Laufbewegung im Ort und weit darüber
hinaus wieder ankurbelte.
Wobei Horst Heilmann wusste, was er seinen Mitbürgern damit ermöglichte.
Schließlich war und ist er selbst seit Jahrzehnten begeisterter Läufer, hat er
alle Strecken zwischen 400 Metern und zehn Meilen bestritten. Bei
DDR-Altersmeisterschaften gewann er 33 Titel, auch bei Cross- und
Straßenlauf-Serien belegte er immer wieder vordere Plätze, obwohl er als Kind
für zu schmächtig zum Sporttreiben gehalten wurde und deshalb erst 1963 – mit
24 Jahren – zum Laufen fand. Als Übungsleiter von „Motor Teltow“ führte er
seinen Sohn Michael – mittlerweile Physiotherapeut im Ort – zum Europacup-Sieg
und Weltcup-Platz vier jeweils 1985, danach brachte er auch Stephan Seidemann
in die DDR- Spitze.
Neben einem DDR-Rekord erkämpfte er mit seinen Schützlingen unter anderem zwölf
DDR-Meistertitel. In jener Zeit hätte es auch fast mit einer festen Stelle beim
damaligen TSC Berlin geklappt, doch als Parteiloser wollte der Kleinmachnower
nicht jede politische Vorgabe dafür erfüllen; beispielsweise den Wechsel seiner
Frau als Chirurgin von einem kirchlichen in ein anderes Krankenhaus. So blieb
ihm die anspruchsvolle Trainerstelle verwehrt. Dafür wurde seine zuletzt 60-seitige
„Akte“ bei der Staatssicherheit dicker. Wer auf ihn angesetzt war und was er so
tat, führte Mielkes Truppe unter dem Namen „Marathon“. Zwei IM bespitzelten ihn
seit 1986 in der Sektion seines Vereins; davon erfuhr er bald nach Wende.
Was Heilmanns Engagement für seine Mitmenschen nicht bremste. Im Gegenteil: Der
langjährige Chef und jetzige Ehrenvorsitzende des KLC ist seit 1995 auch
Trainer und seit 2000 Leiter der Arbeitsgemeinschaft „Lauf“ der Eigenherd-
Schule Kleinmachnow. „Derzeit betreuen wir etwa 25 Kinder“, erzählt er. „Wobei
die Mädchen erfolgreicher sind.“ Heute ist wieder Training, bei dem sich Horst
Heilmann ausnahmsweise durch Eltern vertreten lässt. An seinem „70.“ muss nicht
nur Enzo mal aufs Laufen mit ihm verzichten.