PNN 23.02.09

 

Familie für den Nachmittag

In Kleinmachnow eröffnete der erste Hort für Kinder mit Handicap

Kleinmachnow - Was für viele Schulkinder den Nachmittag verkürzt, ist für Kinder mit Behinderung die Ausnahme: Die Betreuung in einem Hort. Seit einem halben Jahr hat sich in Kleinmachnow erstmals ein Hort-Projekt für Kinder mit Handicap etabliert. In einem Wohnhaus eröffneten zwei Heilerzieherinnen und ein Sozialpädagoge die „Pusteblume“.

„Die Kinder haben richtige Freundschaften geschlossen“, sagt Yvonne Neubig, die den Hort gemeinsam mit ihrem Freund Alexander Kolbe gründete. Sechs Kinder werden in der Kleinmachnower Karl-Marx-Straße betreut. „Wir wollen eine Instanz sein zwischen Schule und Elternhaus“, erklärt Kolbe. Denn für behinderte Kinder geht es nach dem Unterricht meist direkt zurück zu den Eltern. Dort werden sie zwar auch betreut, haben aber nur selten Freunde um sich herum, sagt Yvonne Neubig.

In der Pusteblume genössen die Kinder hingegen den Trubel am Nachmittag, sagt die Erzieherin, während aus einem Raum nebenan schiefe Töne aus einer Blockflöte dringen. „Das ist Tim“, sagt Neubig und wirft einen schnellen Blick hinüber. Der 16-Jährige ist Fan des Regionalen Sportvereins und präsentiert stolz seinen weiß-blauen Schal, während der 17-jährige Lukas ein Kochbuch zu Yvonne Neubig trägt.

„Mit Lukas hat alles begonnen“, sagt Yvonne Neubig und streicht dem Jugendlichen einige Haare aus dem Gesicht. Ihn hatte die Heilerzieherin, so wie es üblich war, zunächst allein betreut. Auf einer Elternversammlung der Kleinmachnower Albert-Schweitzer-Förderschule kam ihr dann die Idee des Horts. Schließlich sei der doch für andere Kinder normal. Einige Zeit später gründete sie den gemeinnützigen Verein „ Pusteblume“.

Das Hort-Angebot richtet sich an Schulkinder jeden Alters. Freie Plätze sind noch vorhanden. Die Kosten für die Unterbringung werde den Eltern von der Pflegekasse erstattet, erklärt Neubig. Zum Teil wird der Hort auch von Land und Kommunen unterstützt.

„Wir wollen uns weiterentwickeln und wachsen“, sagt Alexander Kolbe. Das Ziel ist ein integrativer Hort, der gesunde Kinder mit behinderten zusammenbringt. Auch im Haus selbst soll sich einiges verändern: Im Dachgeschoss soll ein Entspannungsraum entstehen und im Keller eine Kreativwerkstatt. Werkzeuge und Arbeitsmaterialien dafür können jederzeit gespendet werden. „Die Kinder sollen lernen, damit umzugehen“, erklärt der Sozialpädagoge. Denn sind sie erwachsen, würden viele in Behindertenwerkstätten unterkommen oder Hausmeisterdienste erledigen. „Der Weg ist das Ziel“, sagt Kolbe. Schon im Frühjahr sollen die ersten Blumenbeete im Garten angelegt werden. Schließlich gehöre das ebenso zu den familiären Pflichten, wie einkaufen und kochen. Tobias Reichelt

Informationen zur „Pusteblume“ unter Telefon (033 203) 887 043.