PNN 31.12.08
Ein Rückblick auf das Jahr 2008 in der Mittelmark in Wort und Bild
Bahnlinie wird
gekappt
31. Januar: Verbesserung für Golm, Verschlechterung für Schwielowsee und
Michendorf: Die Regionalbahn RB 22 wird ab dem Jahr 2012 wieder – wie zu
DDR-Zeiten – über die Templiner-See-Brücke von Potsdam (Hauptbahnhof) nach
Berlin-Schönefeld fahren und in Golm und Pirschheide halten. Die Halts
Caputh-Geltow, Caputh-Schwielowsee, Ferch-Lienewitz, Seddin und Michendorf
wären damit von der Direktanbindung an den Großflughafen abgehängt. So
zumindest sieht es der neue Landesnahverkehrsplan vor. Für Potsdam entsteht
durch die Veränderung ein Zeitvorteil auf der Strecke nach Schönefeld, Golm
wäre besser angebunden.
Bernd Albers soll es werden
23. Februar: Die Bürger für Bürger schicken den Juristen Bernd Albers in
den Stahnsdorfer Bürgermeisterwahlkampf. Als er am 22. Juni die Stichwahl gegen
die SPD-Kandidatin Ruth Barthels gewinnt, kann es der 40-jährige selbst nicht
richtig glauben. Zur Kommunalwahl am 28. September folgt Schritt Zwei der
Stahnsdorfer Wende: Mit 29,3 Prozent erreicht die Wählergruppe um Albers sechs
Sitze in der Gemeindevertretung. Klarer Verlierer der Wahl: die CDU. Von neun
Sitzen in der Gemeindevertretung bleiben der CDU noch vier.
Gegen Ballermann auf Blütenfest
4. März: Das Baumblütenfest in Werder gerät bei Bewohnern der Inselstadt in
die Kritik. Sie gründen die „Initiative 2008“ und wenden sich in einem offenen
Brief an die PNN: Die Initiative fordert weniger Rummel und Ballermann und eine
sanftere Festvariante. Kurz darauf bildet sich im Colonial-Café eine zweite
Gruppierung mit dem Namen „Werder24“, die für das bestehende Konzept eintritt.
Das Interesse der Festbesucher ist – trotz der bis ins Fernsehen geführten
Debatte – ungebrochen: Rund 500 000 Gäste werden in der Festwoche Anfang Mai
vom Rathaus gezählt.
Klage gegen Güterfelder Umfahrung
14. Mai: Die Initiative „Contra Nord“ klagt gegen die Güterfelder
Ortsumfahrung. Der Straßenverlauf berühre Siedlungsbereiche und die Natur. Das
Bauministerium will bis zu einer Gerichtsentscheidung auf einen Baubeginn
verzichten. Die Umfahrung – Teilstück der neuen L40 von Potsdam zum Flughafen
Schönefeld – müsse ohnehin erst bis zum Jahr 2012 fertig sein, wenn der
Großflughafen eröffnet wird, heißt es aus dem Ministerium. Währenddessen liegen
bei vielen Güterfeldern die Nerven wegen des zunehmenden Durchgangsverkehrs
blank. Eine Anwohnerinitiative wendet sich im Dezember mit einem
Protestschreiben an den Ministerpräsidenten.
Golf und Porsche im Europarc
26. Mai: Im Kleinmachnower Europarc beginnen die Bauarbeiten für eine neue
Verkaufsfiliale von Porsche: Über sechs Millionen Euro sollen investiert
werden. Der neue Zweigeschosser mit 2500 Quadratmetern Fläche wird eine 80
Meter lange Fassade haben. Die erste ostdeutsche Dependance soll Mitte 2009
eröffnet werden. Zwei Häuser entfernt hatte im Februar Europas größter
Golfausstatter „Golf House“ eine neue Filiale mit 1000 Quadratmetern
Verkaufsfläche eröffnet und dafür den Standort am Kudamm aufgegeben.
Alkoholverbot in Werder
3. April: Die Stadt Werder sagt dem Alkoholkonsum im öffentlichen Raum den
Kampf an: Auf elf zentralen Plätzen in Werder und dem Ortsteil Glindow wird ein
Alkoholverbot ausgesprochen. Die Stadt folgt damit dem Vorbild anderer
brandenburgischer Kommunen. Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) begründet
den Schritt damit, dass bestehende Angebote und Gespräche allein nicht mehr
ausreichten, um Herr der Lage zu werden.
Knast für Cannabis-Züchter
13. April: Nachdem im Herbst 2007 eine Cannabis-Zuchtanlage in Töplitz
aufgeflogen war, steht im April ein 54-Jähriger vor Gericht. Er ist wegen
vielfacher Drogendelikte, gefährlicher Körperverletzung sowie Nötigung bereits
vorbestraft, jetzt wird er wegen der Töplitzer Plantage zu zwei Jahren und vier
Monaten Haft verurteilt. Im selben Monat wird auf einem Betriebsgelände in der
Eisenbahnstraße in Werder (Havel) von der Polizei eine professionell angelegte
Cannabis-Plantage ausgehoben. Der 35-jährige Züchter steht im Dezember vor
Gericht und kommt mit einer Bewährungsstrafe davon.
Kleinmachnow wird klimafreundlich
6. Juni: 17 Startmaßnahmen zum Klimaschutz präsentiert das Kleinmachnower
Rathaus in einer mit der Lokalen Agenda 21 abgestimmten Initiative. Eine
Solaranlage auf dem Rathausdach, Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung oder ein
Pilotprojekt zur energetischen Verwertung von Grünabfällen sind Bausteine des
Aktionsprogramms „Kleinmachnow schützt sein Klima“. Kitas und Horte sollen
energieeffizient saniert, der Gemeinde-Fuhrpark schrittweise auf Elektromobile
umgestellt werden.
Antifa demonstriert in Teltow
15. Mai: Rund 250 Teilnehmer gibt es bei einer Antifa-Demo in Teltow. Sie
protestieren gegen rechtsextreme Umtriebe und Szenetreffs in der Stadt und
fordern einen alternativen Jugendtreff. Am selben Vormittag versammeln sich
zwischen 30 und 60 Neonazis in der Teltower Altstadt zu einer nicht
angemeldeten Demo, die von der Polizei aufgelöst wird. Die Präsenz der Neonazis
bleibt dennoch sichtbar. Überall in der Stadt sind Aufkleber mit rechtsextremen
Sprüchen zu finden, an Ampeln, Schildern und Elektrokästen. „Kein Platz für
Rotfaschisten“, steht in großen Kreidebuchstaben auf dem Vorplatz des
S-Bahnhofs.
Treffpunkt der Generationen
20. Juni: In Nuthetal wird ein Mehrgenerationenhaus eröffnet. Ein
Treffpunkt für Alt und Jung und ein Haus der Vereine soll es werden und das
ehemalige Schulhaus mit Leben füllen. Jugendklub, Seniorenbeirat und
Jugendparlament sind an der inhaltlichen Ausrichtung beteiligt. Das Schulgebäude
wird derweil weiter saniert, viele freiwillige Helfer machen mit. Es bleibt
auch für das kommende Jahr noch einiges zu tun. Bundesweit werden 500
Mehrgenerationenhäuser gefördert werden, in der Mittelmark noch ein zweites in
Teltow.
Radfahren auf dem Haveldeich
21. Juni: Ein 30 Kilometer langes neues Teilstück des Havel-Radwegs
zwischen Phöben und Brandenburg (Havel) wird eröffnet. Mehr als die Hälfte der
Strecke verläuft auf den Deichen an der Havel. Für die 30 Kilometer wurden 4,5
Millionen Euro investiert. Besonders reizvoll ist der Abschnitt zwischen Phöben
und der Ketziner Fähre. Der neue Havelradweg ordne sich hervorragend in das
bereits bestehende Radwegenetz des Landkreises ein und sei wichtiger
Bestandteil des Tourismuskonzepts, heißt es aus dem Landratsamt.
Lohneinbußen für Lebensretter
3. Juli: Die Karten für den Betrieb der 13 Rettungswachen im Landkreis
werden neu gemischt. Der Kreistag beschließt die Neuvergabe der Rettungsdienste
in Potsdam-Mittelmark zum 1. Januar 2009. Die Krankenkassen, die für die
Leistungen komplett aufkommen, hatten seit Jahren Druck beim Landratsamt
gemacht, die Kosten zu senken. Leidtragende der Entwicklung sind die
Mitarbeiter der Rettungswachen, sie haben zum Teil empfindliche Lohneinbußen zu
erwarten.
Entscheidung für neues Gymnasium
3. Juli: Die Region Teltow bekommt ein weiteres Gymnasium. Auf seiner
Juli-Sitzung beschließt der Kreistag, dass der Landkreis zum Schuljahr 2009/10
ein mindestens dreizügiges Gymnasium in der Region eröffnet. Aufgrund der hohen
Übergangsquote zum Gymnasium, die in der Region Teltow inzwischen rund 78
Prozent beträgt, kann der Bedarf mit den zwei bestehenden Gymnasien nicht mehr
gedeckt werden – auch nicht mit dem neuen evangelischen Gymnasium der
Hoffbauer-Stiftung. Eine Standort-Entscheidung will der Kreistag im Sommer 2009
treffen, vorerst soll das neue Gymnasium im Teltower Oberstufenzentrum
unterkommen.
Stolpersteine der Erinnerung
3. Juli: Mit einem Stolperstein vor ihrem einstigen Wohnhaus erinnert
Nuthetal an die von den Nazis ermordete jüdische Künstlerin und Architektin
Alice Bloch. Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig.
Mit den 100 Quadratzentimetern großen, beschrifteten Messingplatten soll das
Schicksal deutscher Juden wieder Namen und Orte bekommen. Inzwischen sind rund
17 000 Steine in etwa 350 Kommunen Europas gesetzt. Auch Teltow und
Kleinmachnow planen, sich an der Kunstaktion zu beteiligen. In Caputh soll ein
Stolperstein an die Gründerin des Kinderheims, die Reformpädagogin Gertrud Feiertag,
erinnern.
Abriss der Raststätte Michendorf
21. Juli: Der Abriss der alten Autobahnraststätte Michendorf-Süd beginnt.
Die Raststätte war vor dem Mauerfall einer der beliebtesten Treffpunkte für
Menschen aus Ost und West; und für West-Berliner auf dem Heimweg immer eine
letzte Gelegenheit, nach der Fahrt durch die DDR noch einmal billig etwas zu
essen zu bekommen. Natürlich beobachtete auch die Stasi das Geschehen in und an
der Raststätte. Der Michendorfer Heimatverein hatte bis zuletzt gegen einen Abriss
des Gebäudes gekämpft.
Kinderboom in der Region
28. August: So etwas hat Caputh noch nicht erlebt. Seit Februar flattern
jede Woche zwei bis drei Anträge auf einen Kindergartenplatz ins Haus. Die
Kapazität wurde erweitert, und doch muss einigen Eltern abgesagt werden. Auch
in anderen Kommunen im Potsdamer Umland platzen Kindergärten aus allen Nähten.
In Michendorf und Wilhelmshorst sollen die Räumlichkeiten durch Neu- und
Anbauten erweitert werden. In Kleinmachnow gehen die Kita-Platzreserven langsam
aus, für fast alle Kitas im Ort gibt es Ausnahmegenehmigungen, um pro
Einrichtung zwei bis drei Kinder mehr aufnehmen zu können.
Bürgerzentrum wird eröffnet
30. August: Werders neues Bürgerzentrum wird im Schützenhaus auf der
Inselstadt eröffnet. Mit Bürgerservice, neuem Ratssaal und der Galerie
„Kunst-Geschoss“ entstehen zentrale Anlaufstellen. Mit den „Bürgerstuben“ ist
auch an die gastronomische Versorgung gedacht. Das städtische Sanierungsprojekt
in Werders Altstadt wird von privaten flankiert: Endlich beginnt die Sanierung
des „Hotels Stadt Wien“. An großen Mietshäusern am Altstadtrand fallen die
Gerüste. Und für das Freigut, dem letzten großen Sanierungsfall auf der
Inselstadt, wird ein neuer Eigentümer gewonnen.
Hoffbauer eröffnet Gymnasium
10. September: Die Hoffbauer-Stiftung eröffnet ein evangelisches Gymnasium
in Kleinmachnow. 50 Kinder starten in zwei siebenten Klassen auf dem neuen
Schulstandort auf dem Siemensgelände. Hier plant die Stiftung – gemeinsam mit
der schon bestehenden Grundschule – einen Bildungsccampus für rund 700 Kinder
und Jugendliche.
Viele neue Turnhallen
12. September: Die neue Sporthalle am Michendorfer Gymnasium wird
eingeweiht. Der Landkreis investierte 2,5 Millionen Euro in den Bau, der die
jahrelange Schulsanierung abschließt. Schon im Mai wurde auch eine neue
Turnhalle an der Kleinmachnower Internationalen Schule eröffnet. In Werder
beginnen derweil die Bauarbeiten für neue Turnhallen am Gymnasium und am
Oberstufenzentrum.
Großbaustelle Langerwisch
17. September: Die Langerwischer Ortsdurchfahrt wird zur Großbaustelle:
Bauminister Reinhold Dellmann kommt zum ersten Spatenstich. Die Fahrbahn soll
erneuert und Regenwasserkanäle teils neu errichtet werden. Während der Bauzeit
bis zum Jahr 2010 gibt es erhebliche Einschränkungen für die Anwohner und den
Durchgangsverkehr. Ende November melden sich die ersten Gewerbetreibenden aus
dem Ort zu Wort – und vermelden Kundeneinbußen.
Neuer Jugendklub in Michendorf
26. September: „Jumix“ heißt der neu eröffnete Michendorfer Jugendclub. Der
Name steht für einen Mix der Altersgruppen aber auch dafür, dass Jugendliche
aus allen Ortsteilen gern gesehen sind. Das Gebäude in der Potsdamer Straße 57
wurde für etwa 200 000 Euro saniert. Über dem Jugendclub ist im Dachgeschoss ein
lichtdurchfluteter Ausstellungsraum für den Heimatverein entstanden, und auch
für ein Büro des Allgemeinen Sportclubs Michendorf.
Wolfgang Blasig wird Landrat
28. September: Die SPD geht als stärkste Partei aus den Kreistagswahlen
hervor – und bringt umgehend den Kleinmachnower Bürgermeister Wolfgang Blasig
als Nachfolger für Landrat Lothar Koch ins Spiel. Am 4. Dezember besiegelt die
neue Kreistagskoalition aus SPD, CDU, FDP/BiK-BiT und FBB die Personalie,
Blasig wird am 16. Februar den 65-jährigen Landrat Koch ablösen. In
Kleinmachnow melden sich mit Michael Grubert (SPD) und Klaus-Jürgen Warnick
(Die Linke) schon mal die ersten Anwärter für die Nachfolge an.
Verkehrsentlastung für Teltow
1. Oktober: Weitere Teilstücke des Teltower Umfahrungssystems werden
fertig: Am 1. Oktober wird die Nordspange eingeweiht, in Verbindung mit der
bereits gebauten Südspange und der Ostspange entsteht eine wirksame Entlastung
für das Stadtzentrum. Das Spangesystem soll einmal bis zum Stahnsdorfer
Gewerbegebiet weitergeführt werden. Im Dezember wird mit der Bogenstraße ein
weiteres Teilstück fertig, im Herbst 2009 soll hier auch ein Kaufland-Markt in
Betrieb gehen.
Anerkannt erholen
17. Oktober: Ein Fachbeirat des Wirtschaftsministeriums besucht die
Gemeinde Schwielowsee. Die Kommission will sich anschauen, ob die Gemeinde
Chancen auf den Titel „Staatlich anerkannter Erholungsort“ hat. Der Rundgang
verläuft erfolgreich, doch der Weg zum Titel ist lang, der Bewerbungsprozess
dauert zwei bis drei Jahre. 16 Kommunen in Brandenburg sind Erholungsorte, seit
sechs Jahren auch die Blütenstadt Werder. Die Nachbargemeinde will nun im Sinne
einer regional abgestimmten Tourismusentwicklung nachziehen.
Mehr Handel in Werder
10. November: Werder hat zwar zu viele Supermärkte, aber für andere
Handelsbereiche attestiert ein Gutachten noch freie Kapazitäten. So wachsen
neue Einkaufszentren: Im Strengfeld beginnt am 10. November der Bau eines
Handelszentrums, 2400 Quadratmeter Handelsfläche kommen hinzu. Am 18. Oktober
wird der Werder-Park nach zweijährigen Umbauarbeiten neu eröffnet, ein C&A
soll hier als weiterer Magnet wirken. Währenddessen wird für ein neues
Handelszentrum in den Havelauen ein Bauantrag gestellt, 7000 Quadratmeter
Handel und Dienstleistung sollen hier entstehen.
In Petzow Geld verschleudert?
21. November: Vom Landesrechnungshof wird der laxe Umgang mit Fördermitteln
beim Resort Schwielowsee angeprangert. Im Jahresbericht wird beschrieben, wie
die Investitionsbank des Landes Brandenburg reagierte, als sich die Grunderwerbskosten
für das neue Resort unverhofft um 35 Prozent erhöht hatten: Sie erkannte die
Abrechnung als förderfähig an, ein Verstoß gegen das Haushaltsrecht. Die
Landesbanker wollen das nicht auf sich sitzen lassen: Die Erhöhung der
Grunderwerbskosten habe zu keiner höheren Gesamtförderung geführt, an anderer
Stelle des Projekts habe es Einsparungen gegeben.
Teurer Müllskandal
3. Dezember: Der Haftbefehl gegen den Verdächtigen im mittelmärkischen
Müllskandal wird gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der Inhaber eines
Entsorgungsbetriebes in Borne war am 10. September verhaftet worden, weil er
300 000 Kubikmeter Abfall illegal auf Altdeponien und in einer Kiesgrube
abgeladen haben soll. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Auf Deponien in
Schlunkendorf, Wollin, Zitz, Rogäsen, Bensdorf, Mörz und Schlamau waren u.a.
medizinische Abfälle, Autoreifen und Benzinkanister entdeckt worden. Unabhängig
davon wird am 2. April auf einer Deponie in Wildenbruch illegaler Müll
gefunden. Entsorgungskosten insgesamt: rund 50 Millionen Euro.Henry Klix