PNN 15.10.08

 

Die Krise als Chance

Der frühere ARD-Journalist Franz Alt sprach in Kleinmachnow zur letzen Chance zum Klimaschutz

Kleinmachnow - „Heute wurden wieder 150 Tier- und Pflanzenarten ausgerottet. Die Wüste hat sich an einem Tag um 30 000 Hektar vergrößert. Es wurden heute rund 100 Millionen Tonnen an Treibhausgasen in die Luft gepustet.“ Diese Nachrichten, zählte Franz Alt, der früherer Leiter des Politmagazins Report in der ARD, im Kleinmachnower Augustinum auf, müsste eine ökologisch realistische Tagesschau täglich vermelden. Doch eine solche Tagesschau gebe es nicht, redete sich der Theologe und engagierte Kämpfer für Menschenrechte und Umweltschutz im Saal des gut besetzen Altenheimes am Montagabend ins Gewissen seiner Zuhörer.

Das Artensterben sei Menschen-gemacht, erklärte Alt. Die Welt verbrenne an einem Tag soviel Energie, wie die Erde in 500 000 Tagen geschaffen hätte. „Ich möchte nicht mein Enkel sein, aber wir, unsere Generation hat das Problem verursacht“, rief der Reporter auf Zwischenstopp seiner Vortragsreihe durch Deutschland. Rastlos lief der 70-Jährige die Bühne auf und ab, zeigte Bilder vom Energiebedarf der Menschen und Solardörfern in Japan. „Deutschland ist erneuerbar“, lautet sein Motto.

Hausdächer stünden hierzulande sinnlos in der Landschaft, ohne Solarzellen. „In 16 Jahren, in denen ich eine Solaranlage auf meinem Hausdach betreibe, habe ich nie eine Rechnung von der Sonne erhalten“, sagte Alt. Die Umweltkrise, in der sich die Erde befinde, sei eine völlig neue Bedrohung, die anders als die derzeitige Finanzkrise eben nicht nach einigen Jahren bewältigt sei. „Jede Krise bietet eine Chance“, sagte der bekennende Katholik, „das gilt bis zur letzten Sekunde unseres Hierseins.“ Die Menschen müssten Teil der Lösung werden, Kriege um Öl beendet, die Abhängigkeit von russischem Gas und arabischen Öl aufgelöst werden.

„Die Zeit der fossilen Energieträger ist vorbei“, sagte Alt. Schon vor Jahren sei er bei VW mit einem 1-Liter-Prototyp gefahren. „Ich habe das Auto sofort bestellt.“ Geliefert wurde nie. Heute stünde der Wagen im Museum.

Rund 60 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs könne und müsse man bis zum Jahr 2050 einsparen. Dann sei die Wende zu den erneuerbaren Energien möglich. „Die Lösung des Energieproblems steht am Himmel“, sagte Alt: mit intelligenter Solararchitektur, mit Häusern, die mehr Strom erzeugen, als ihre Bewohner verbrauchen. Jeder könne sich beteiligen – beim Hausbau oder über Bürgersolaranlagen, wie der geplanten Anlage auf der Steinwegschule. Sogar Banken installierten inzwischen auf den Dächern ihrer Kunden Solaranlagen, um die Gewinne zu teilen. „Du brauchst einen ökonomischen Anreiz um ökologisch zu handeln“, erklärte Alt, „dann läuft das in Deutschland.“ Tobias Reichelt