KulTOUR
Im Bannwald von Kleinnirgendwo
Frauke Gohlke schreibt Kindergeschichten mit
Wiedererkennungswert
Von Gerold Paul
Kleinmachnow -
Nirgendwo ist irgendwo, Kleinnirgendwo ist überall. Henriette Spinnenbein
hatte am Zauberwald nicht mehr genug, sie wanderte aus und fand, im Bannwald
von Kleinnirgendwo, ein neues Zuhause. Pinki, das Teufelchen, wurde ihr
Freund, aber auch alle Tiere des Waldes, von Igel Socke bis zur Wildschweinin
Hermine Rüssel. Unter den Menschen ist ihr Tine eine Freundin geworden. Als
Kleine Bannwaldhexe fliegt sie nun mit ihrem Zauberbesen über dieses
Kleinnirgendwo herum, neugierig, hilfsbereit, manchmal übermütig. Sie kann
Dinge vergrößern und verkleinern, Unbelebtes gar lebendig machen.
Es ist ja auch eine Menge los in dem Nest, mal brechen wilde Schweine in
einen Supermarkt ein, mal wird das verlassene Schloss Schnakenburg gefunden,
darin das nette Gespenst Flöckchen haust, sogar die alte Orts-Tradition des
Kindertheaters kann dank des philanthropischen Hexchens aufleben, nur für
einen Abend. „Was, das glaubt keiner? Nun, dann solltet ihr mal die kleine
Bannwaldhexe fragen, und die lügt nie!“
Die Kleinmachnower Autorin Frauke
Gohlke hatte bereits ein Buch über dieses nette Geschöpf geschrieben. Von
ihrer Familie und Freunden ermutigt, machte sie weiter. Die weitläufige
Personage und die Wunderlichkeiten dieses Kleinnirgendwo sind ja für ein
Etcetera geräumig genug, und jeder weiß schließlich auch vom langen Leben
dieser Sippe. Am Mittwoch präsentierte sie in Kooperation mit dem örtlichen
Kulturamt und der „Natura“-Buchhandlung (Exklusiv-Vertrieb) einen weiteren
Band Geschichten. Sehr guter Besuch am Nachmittag, nur wäre es noch viel
spannender gewesen, wenn manche jungen Mütter die Altersangabe Sechs bis Neun
beachtet hätten.
Frauke Gohlke hat nicht nur eine anschauliche und überzeugende Art, ihre
Geschichten aufzuschreiben, sie ist auch eine vorzügliche Vorleserin, alte
Schule. Vielleicht wird sie der Leser in der geschichtenverliebten Oma
wiedererkennen. Tine, von der „Steinwegschule“ gerade in die Ferien
entlassen, ist ihre Enkelin, die ihr so gerne zuhört. Man darf davon
ausgehen, dass die Autorin beim Dichten (so darf man das nennen) zuerst an
ihre drei Enkeltöchter dachte, Charlotte, Luise und Nadine haben dieses hübsche
Paperback sogar selber illustriert.
Fünfzehn Geschichten, eine so gut wie die andere, „Lokalkolorit“ zum
Wiedererkennen, die Schnakenburg, das Schulmaskottchen Manni, das
Freilichttheater neben der Schule – für den Einheimischen nahe, für einen
Nordfriesen leicht auf sein Nirgendwo zu übertragen. Es gibt auch keinen
Zweifel an der Gegenwart dieser Bannwald-Banner, ob Supermarkt, Drachenfest
oder Schokoriegel, sie spielen alle „im Heute“. Halb sind sie Märchen, halb
sind sie wahr. Da ist so einiges los. Mal lassen die beiden Wurzelzwerge
Knick und Knack einen Walnussbaum aus dem Garten verschwinden, weil Theo und
Konrad keine Lust hatten, sein Herbstlaub wegzuharken, mal muss Henriette
einen zappelnden Tropfen vom Wasserhahn befreien, und sie erfährt aus seinem
Mund von den Wundern der großen weiten Welt. Immer wieder erweist sich
Henriette als „Nothelferin“, sogar zu Ostern oder beim Weihnachtsfest, wo sie
einer Tanne das Leben erhält.
Wirklich gut für Kinder zu schreiben ist schwer genug, poetische Geschichten
zu erfinden, noch schwerer, sogar im Irgendwo. Frauke Gohlke hat dieses
seltene Talent. So liest man es in dem neuen Buch, denn die kleine
Bannwaldhexe lügt ja nie, oder? „Na ja, nur manchmal mogelt sie ein wenig.“
Frauke Gohlke: „Hexengeschichten aus Kleinnirgendwo. Neues von der kleinen
Bannwaldhexe“ Vertrieb über die Natura-Buchhandlung Kleinmachnow
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