PNN 20.09.08

 

Europapokal im Europarc ?

Die Vision einer neuen Hertha-BSC-Arena stößt in Kleinmachnow auf ein geteiltes Echo

Von Hagen Ludwig

Kleinmachnow - Wird im Europarc Dreilinden bald auch um den Europapokal gespielt ? Diese Vision bewegt seit gestern die Gemüter in Kleinmachnow und stößt auf ein geteiltes Echo. Wie berichtet, prüft der Berliner Bundesligist langfristig den Bau eines eigenen Fußballstadions. Als möglicher Standort der neuen Arena für 60 000 Fans wurde neben dem Flughafen Tempelhof und dem Autobahndreieck Oranienburg auch Kleinmachnow-Dreilinden genannt. Dort ist seit dem Mauerfall auf dem Geländes des einstigen Grenzkontrollpunktes das Gewerbegebiet Europarc emporgewachsen.

„Wir haben schon immer gesagt, dass wir ein attraktiver Standort sind“, sagte Europarc-Geschäftsführer Jacky Starck gestern den PNN auf Anfrage. Dass nun auch Hertha BSC Interesse haben könnte – davon habe er erst gestern aus der Presse erfahren. „Auf jeden Fall fühlen wir uns geschmeichelt“, so Starck. Summarisch gebe es im Europarc und auf angrenzenden Flächen noch ausreichend Platz für einen Stadionneubau. „Viele Dinge müssten jedoch zuvor organisatorisch geklärt und mit Kommune und Land planerisch abgeklärt werden“, sagte der Europarc-Geschäftsführer. Mit der Münchner Allianz-Arena sei allerdings bewiesen worden, dass ein solches Stadion auch am Stadtrand angesiedelt werden kann.

Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) sieht die plötzlich auftauchende Aussicht auf internationalen Spitzenfußball in seiner Gemeinde gelassen. „Die Pläne sind nach meinem Kenntnisstand ja erst in einem sehr frühen Stadium, und mit uns wurde auch noch nicht gesprochen“, erklärte er gestern. Es sei selbstverständlich, dass Hertha BSC im Zuge einer Machbarkeitsstudie auch mögliche Standorte im Umland prüfe. Ein Pluspunkt sei, dass Dreilinden direkt an der Autobahn liege. „Dass es dort bisher jedoch weder S- noch U-Bahnanschluss gibt, ist in meinen Augen aber ein Ausschlussgrund. Das zeigen die Projekte in anderen Metropolen wie Amsterdam, wo die Verkehrsadern sogar unter dem Stadion verlaufen“, so der Bürgermeister. Europarc-Geschäftsführer Starck sieht jedoch auch hier einen Silberstreif am Horizont. „Seit Jahren kämpfen wir um eine Bahnanbindung des Europarcs, jetzt könnte mit den Stadionplänen ein neuer Impuls gegeben werden. Über Dreilinden führte einst die sogenannte Stammbahn von Potsdam nach Zehlendorf. Starck hofft, dass auf der alten Trasse bald wieder Berliner S-Bahn-Züge fahren.

Für die S-Bahn nach Dreilinden setzt sich auch der Kleinmachnower Landtagsabgeordnete und Gemeindevertreter Jens Klocksin (SPD) ein. Dem Stadionbau gibt er allerdings keine Chance. „Für ein Stadion mit zahlreichen Nebenanlagen reichen die vorhandenen Flächen in Dreilinden nicht mehr aus. Zudem wäre eine Anbindung an die Autobahn verkehrstechnisch kaum zu realisieren“, so Klocksin. Die Idee sei gut, sie hätte nur schon 1990 kommen müssen, als alle Perspektiven am einstigen Grenzkontrollpunkt noch offen standen. „Ich bin sehr dafür, dass sich der Europarc weiterentwickelt, jedoch im Rahmen seines bisherigen Profils als Gewerbepark“, so Klocksin.

Ein klares Nein zum Fußballstadion kam gestern bereits von der Kleinmachnower FDP, die derzeit zwei Gemeindevertreter stellt. Der Bau eines reinen Fußballstadions sei ein nachvollziehbarer Wunsch, erklärte FDP-Kreistags- und Gemeinderatskandidat Bert Handschumacher gestern. Kleinmachnow komme als Standort dafür jedoch nicht in Betracht. „Während das Münchner Stadion in einem reinen Industriegebiet steht, ist Dreilinden als Kleinmachnower Ortsteil zum einen Wohngebiet und zum anderen mit dem Europarc ein hochattraktives Gewerbegebiet“, so Handschumacher. Das Areal mit den ehemaligen Grenzkontrollanlagen stehe zudem teilweise unter Denkmalsschutz. Niemand könne ernsthaft auf die Idee kommen, ein Fußballstadion in einer Gegend zu bauen, wo bis auf eine Autobahn noch nicht einmal eine halbwegs ausreichende infrastrukturelle Anbindung möglich ist, erklärte der FDP-Politiker. Kleinmachnow sei überhaupt nicht in der Lage die Besucherströme zu bewältigen.

Das Gelände des Kleinmachnower Europarcs umfasst 450 000 Quadratmeter. Im Gewerbegebiet angesiedelt hat sich als bekanntestes Unternehmen die Deutschlandniederlassung von eBay mit mehr als 1000 Mitarbeitern. Daneben sind zahlreiche kleinere Firmen sowie zwei Hotels vertreten.