Potsdamer Neueste Nachrichten 05.06.08

 

Zehn Euro für Tausend Kilometer

Der Kleinmachnower Julian Affeldt fährt mit Sonnenenergie vom eigenem Hausdach

Von Tobias Reichelt

Kleinmachnow - Hier parkt die Zukunft. Mitten in Kleinmachnow, neben einem Reihenhaus, kurz vor einer Steckdose. Es ist weiß, rund zweieinhalb Meter lang, ein Meter breit, hat ein offenes Dach, drei Räder und ein Kabel. Julian Affeldt besitzt eines von sechs Elektroautos der Region – den Strom dafür erzeugt er selbst auf seinem Hausdach.

Seit rund einem Jahr arbeitet die zehn Quadratmeter große Photovoltaikanlage auf dem Haus der Affeldts und erzeugt rund die Hälfte des Stroms, den die vierköpfige Familie braucht. Nur wenige Zentimeter neben der großen blauschimmernden Platte auf dem Dach hängt eine Solarthermieanlage, knapp sechs Quadratmeter groß. Von April bis Oktober sorgt sie für heißes Wasser – zum Duschen, Wäschewaschen und für den Geschirrspüler. So sinken die Heizkosten der Affeldts zur „Erntezeit“ gegen Null, erklärt der ökologisch engagierte Familienvater. Wäre da nicht seine Frau, „wäre es wohl noch extremer“, erklärt der 39-Jährige. Dabei lebt Familie Affeldt ganz normal: „Im Winter muss keiner frieren, Papier kann man von vorn und hinten bemalen und wenn man aus dem Zimmer geht, macht man den Fernseher aus“, erläutert Affeldt seine Lebensmaximen, die nun auch seine Kinder teilen.

„Andere lassen ihr Geld auf dem Sparbuch, aber was habe ich dafür gemacht?“, hat sich Affeldt gefragt, als er 2001 das Reihenhaus im Meiereifeld bezog. Deshalb entschied er sich, sein Geld in Sonnenenergie zu investieren. Herausgekommen ist inzwischen sogar der CityEl, das kleine weiße Elektroauto einer bayerischen Firma. Täglich nutzt er es für den Weg zur Arbeit, einer Grundschule in Großbeeren, oder auch zum Einkauf mit einem Kind. Mehr geht nicht rein in das schmale Cabrio, oder wie der studierte Geologe sein Gerät nennt: die „Batterie auf Rädern“. Knapp 90 Kilometer reicht eine „Tankfüllung“, bei einer Maximalgeschwindigkeit von 55 km/h. Nicht schnell, aber für den Stadtverkehr ausreichend. Seit Januar steht das Elektromobil vor Affeldts Haus oder wird gerade gefahren. „Licht, Lüftung, Heizung“, fasst der Lehrer die Funktionen des Wagens zusammen. Mit einem Mercedes könne man das nicht vergleichen, aber der verbrauche auch mehr als zehn Euro pro Tausend Kilometer. Noch haben die Affeldts einen richtigen Familienwagen, doch seit sie ihr Elektromobil haben, will den Opel keiner mehr fahren. Für knapp 30 Euro musste Vater Affeldt den Van im vergangenen Monat betanken – alles andere geht nun per Strom oder Fahrrad.

Begonnen hat Affeldts Leidenschaft in den 80er Jahren. Sein heutiger Schwiegervater schenkte Affeldts Frau damals einen kleinen Sonnenkollektor für den Strand. „Damit konnte man einen Kassettenrekorder betreiben“, erklärt Affeldt, wohl damals genauso begeistert wie heute. In der ersten eigenen Wohnung hieß es dann Blumenkästen oder Solarpaneele, berichtet Affeldt vom kleinen Machtkampf mit seiner Frau um die Balkonhoheit. Nachdem man sich geeinigt hatte, sammelte der damalige Geo-Student seinen ersten eigenen Strom in großen Batterien. Inzwischen steckt Affeldt so tief in der Materie, dass er sein Wissen und seine Erfahrungen mit der Sonnenenergie gerne teilt. Einmal im Jahr feiern die Affeldts mit anderen Sonnenbegeisterten Deutschlandweit die „Woche der Sonne“. Vor zwei Wochen war es wieder soweit. Zusammen mit den fünf anderen Elektromobilbesitzer der Region traf sich Affeldt vor seinem Haus in Kleinmachnow. Bei Bratwurst und alkoholfreiem Bier, informierten die Elektro-Mobilen über ihre Erfahrungen mit dem Auto, ihren Solaranlagen und die Kosten. „Immer wieder“, würde sich Julian Affeldt für seine Investitionen entscheiden.

Knapp 2500 Euro kostete ihm die Solarthermie, rund 7500 die Photovoltaikanlage und 7000 Euro das gebrauchte Elektroauto. Für seinen selbst erzeugten Strom überweist ihm der örtliche Stromgrundversorger rund 500 Euro im Jahr. „Nach rund 15 Jahren habe ich die Investition raus“, erklärt er seine Rechnung, dann folgen die Zinsen – der Reingewinn.