Potsdamer Neueste Nachrichten 27.05.08

 

Arbeitsplätze sind da – doch der Nachwuchs fehlt

Zu wenige Schüler der Region begeistern sich für technische Berufe, um den Bedarf zu decken

Kleinmachnow - Arbeitsplätze in technischen Berufen sind vorhanden – leider interessiert sich der Nachwuchs nicht dafür. Ein gutes Viertel der Schüler kann sich zwar für den technischen Berufszweig begeistern, doch der Fachkräftebedarf in der Branche ist doppelt so groß. Das ergab eine Umfrage des Industriemuseums in der Region. Seit einem Jahr führt das Museum eine eigene Beratungsstelle zur Berufsinformation in Kleinmachnow. Ihre Forderung: Schüler müssen sich in der Praxis ausprobieren.

„Allein im Maschinen- und Fahrzeugbau werden 50 Prozent aller Ausbildungsplätze in unserer Region angeboten“, berichtete Lothar Starke vom Verein Industriemuseum kürzlich der SPD-Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein. Die Politikerin war nach Kleinmachnow gekommen, um sich über erste Erfahrungen mit den Partnerschulen zu informieren, die seit letztem Jahr mit dem Informationszentrum Berufsorientierung (IZB) kooperieren. Als Projektträger des IZB will das Museum die beruflichen Chancen der Region noch mehr in das Blickfeld von Schülern, Eltern und Lehrern rücken. Denn viele Berufsmöglichkeiten sind gar nicht bekannt. Zudem konnten erstmals in diesem Jahr einige Ausbildungsplätze in der Branche nicht besetzt werden. Mit Exkursionen in Unternehmen und Projekttagen wirbt Starke für die beruflichen Perspektiven vor Ort.

Doch den Weg ins Museum finden nur wenige Schüler, weshalb Veranstaltungen oftmals in den Schulen stattfinden. Es sei nicht einfach, die Jugendlichen überhaupt für das Thema Berufe zu interessieren, merkte die stellvertretende Schulleiterin der Mühlendorf-Oberschule, Jacqueline Budendorf bei dem Treffen an. Auch Stahnsdorfs SPD-Bürgermeisterkandidatin Ruth Barthels bestätigte: „Ab Klasse Neun sinkt das Interesse für Berufsorientierung extrem“. Als Mutter habe sie selbst erfahren, dass Jugendliche nach dem Abitur oftmals nicht wissen, was sie wollen. Da in der Region viele Eltern in Dienstleistungen tätig seien, fehle zumeist auch die Orientierung für technische Berufe. Berufsbilder sollten daher schon frühzeitig in den Schulen ein Thema sein, das altersgerecht vermittelt wird, meinte Barthels.

Wie differenziert Angebote sein können, erläuterte Schulleiter Winfried Heilek vom Kant-Gymnasium. Dort gibt es in Klassenstufe Sieben einen Elterntag, bei dem Eltern vor Schülern über ihre Karrierewege berichten. Ab Klasse Neun gibt es Exkursionen zu Hochschulen und in Klasse Zehn schildern ehemalige Schüler ihre Studienerfahrungen. Auch als Gasthörer können sich die Schüler über den Studienbetrieb informieren. Probleme gibt es allerdings beim Praktikum ab Klasse Elf, da hier kein Versicherungsschutz mehr besteht – Praktika seien für die Oberstufe leider nicht vorgesehen, erklärte Heilek. Dabei bieten sich gerade für Gymnasiasten interessante Möglichkeiten in der Region, findet Starke. Er begreift das Museum als Vermittler zwischen Schüler und Unternehmen. Ein Praktikum sei immer eine gute Entscheidungshilfe. Außerdem würden einige Unternehmen im Hochtechnologiebereich nach erfolgter Ausbildung auch das anschließende Studium finanzieren, weiß Starke.

Schulleiter Heilek kann sich zudem vorstellen, dass technische Betriebe Projektaufträge an Schulen vergeben. „Wenn man Schüler begeistern will, müssen sie Chancen erhalten sich ausprobieren zu können“, so Heilek. Kirsten Graulich