Potsdamer Neueste Nachrichten 16.04.08

 

Unklarheiten am Machnower See

Übler Geruch nach zusätzlichen Einleitungen / Behörde: Der Umwelt wurde nicht geschadet

Kleinmachnow - Ein übler Geruch zog Ende Februar vom Machnower See in die umliegenden Wald- und Wohngebiete. Anwohner stellten fest, dass der Gestank von schäumenden braunen Wassermassen herrührte, die mit hohem Druck aus einem Rohr in den See gepumpt wurden. „Es war ein beißender Geruch, wie von Abwässern aus einem Chemiewerk“, schilderte Augenzeugen die Ausdünstungen, die sich zwei Wochen lang von einem Einleitungsrohr nahe der früheren Badeanstalt am Zehlendorfer Damm ausbreiteten.

Die alarmierte mittelmärkische Naturschutzbehörde schickte zwei Kollegen vor Ort, um sich selbst ein Bild zu machen. Gegenüber den PNN sagte ein Mitarbeiter der Behörde, dass es sich um eine reguläre Einleitstelle handle, da noch so genannte „alte Rechte“ gelten, die es den Berliner Wasserbetrieben in Ausnahmefällen gestatten, geklärtes Abwasser einzuleiten. „Aber wir wollen auch nichts bagatellisieren“, weshalb man die Hinweise von Bürgern sehr ernst nehme. In diesem Falle sei die Einleitung aber durch das Landesumweltamt genehmigt worden, so die Auskunft der Behörde. Das bestätigte den PNN auch Matthias Schäfer von den Berliner Wasserbetrieben: „Von der Landesbehörde hatten wir die Erlaubnis 14 Tage lang täglich 50 000 Kubikmeter gereinigtes Abwasser in den See pumpen zu dürfen.“ Vermessungsarbeiten hätten die Einleitung notwendig gemacht, sagte Schäfer. Für die von Anwohnern beanstandeten Schaumkronen sei der Druck ursächlich, mit dem das Wasser durchs Rohr schieße. Ebenso der Sauerstoff, der für Turbulenzen sorge. Auch der Geruch sei nicht absonderlich, da „gereinigtes Abwasser nun mal rieche“. Der Reinigungswert des Wassers liege bei 98 Prozent, beteuerte Schäfer: „Es ist alles sauber über die Bühne gegangen, der Umwelt wurde nicht geschadet.“

Auch Horst Ballschmieder vom Landesumweltamt versicherte den PNN: „Es ist nichts passiert, was nicht erlaubt wäre.“ Das eingeleitete Wasser stamme aus dem Stahnsdorfer Klärwerk, das regelmäßig die Qualität des gereinigten Abwassers überprüfe, bevor es in Brandenburger Gewässer gelange. Aber stinken dürften geklärte Abwässer eigentlich nicht, wunderte sich Ballschmieder. Zudem müssten derartige Einleitungen Ausnahmen bleiben, da die seenartigen Gewässer empfindlich seien und besonderen Schutzes bedürfen. Proteste von Bürgern seien daher willkommen, denn wie leistungsfähig die Gewässer in Zukunft sein werden, hänge auch von politischen Entscheidungen ab, erklärte Ballschmieder. Als Beispiel nannte er den Ausbau von Klärwerken, doch auch „alte Rechte“ müssten auf den Prüfstand. Ballschmieder ließ durchblicken, dass da ein sehr kompliziertes Verfahren anstehe und verwies auf den Abwasserbeseitigungsplan, den der Berliner Senat und die Landesregierung Brandenburg unterschrieben haben.

Das Papier dokumentiert den aktuellen Stand der Abwasseraufbereitung, ebenso die Beeinträchtigungen des Oberflächenwassers. Erwähnt wird darin der Teltowkanal – der auch durch den Machnower See hindurchfließt – als das mit Abstand „am stärksten mit Abwasser belastete Berliner Gewässer“. Problematisch sei vor allem, dass Teltowkanalwasser in den Griebnitzseekanal einströme. Messungen ergaben, dass über diesen Fließweg 40 Prozent in den Großen Wannsee gelangen. Organische sauerstoffzehrende Stoffe, Ammoniumkonzentrationen und mikrobiologische Belastungen würden die Qualität des Kanalwassers prägen, steht in dem Dokument. Eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion vor Jahresfrist offenbarte die Sorge, die Experten schon seit Jahren diskutieren: die Rückstände von Arzneimittelwirkstoffen, die in Abwässern nachgewiesen wurden.

Nicht alle dieser Wirkstoffe können in Klärwerken abgebaut werden, ein Rest verbleibt auch im gereinigten Abwasser. Obwohl Berlins Abwasserreinigung europäische Normen erfülle sei nicht „alles klar“, stellte 2006 das Berliner Fachforum Stadtökologie fest. Kirsten Graulich