Potsdamer Neueste Nachrichten 26.09.07

 

Kleine Schritte für große Ziele

Ökostrom, Solaranlage, Rußpartikelfilter und Fairtrade – Familie Scholz aus Kleinmachnow gewann den diesjährigen Agenda-Preis

Kleinmachnow - Kalt ist es bei Familie Scholz nicht. Kerzen sind auf den ersten Blick nicht zu sehen, stattdessen richtige Glühbirnen. Die Küche verrät mehr als Schon- und Müslikost und der Vorgarten zeichnet sich eher durch sorgfältige Pflege als durch verwilderte Ursprünglichkeit aus. Ökofreaks und Sparwütige sind sie gewiss nicht. Ökologisch bewusst schon. Sören und Marion Scholz leben mit ihren vier Kindern den Nachhaltigkeitsgedanken in ihrem Haushalt so ausgiebig, dass sie mit dem diesjährigen Agenda-Preis des Landkreises Potsdam-Mittelmark ausgezeichnet worden sind.

Die Kleinmachnower Familie aus der Ernst-Thälmann-Straße ist ein gutes Beispiel, dass sich Umweltbewusstsein und der sparsame Umgang mit natürlichen Ressourcen nicht in spektakulären Aktionen à la Greenpeace, Baumbesetzungen und selbst gestrickten Pullovern ausdrücken müssen, sondern alltägliche Selbstverständlichkeit sind. Familie Scholz bezieht Ökostrom, verwendet Energiesparlampen, hat eine eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach, kauft Produkte aus der Region und Kaffee, Tee oder Bananen mit dem „Transfair“-Siegel, verwendet recyceltes Papier, bildet Fahrgemeinschaften, macht Urlaub auf deutschen Bauernhöfen und hat ein Auto mit Rußpartikelfilter.

Sie entscheide durchaus bewusst, was beim Einkaufen in den Korb kommt, sagt Marion Scholz. Aufwändig sei das nicht, denn regionale und biologisch angebaute Erzeugnisse gebe es nicht nur in Bio-Märkten, sondern auch bei Lidl oder Rewe. Auch der Wechsel zu einem Ökostromanbieter sei gut überlegt und vor allem nicht schwer gewesen. Und: „Das ist nicht mal teurer als normaler Strom.“ Die Solarstromanlage produziert 4500 Kilowatt-Stunden im Jahr – das ist mehr als die Familie verbraucht, so dass sich die Investition in Zukunft gewinnbringend auszahlt. Die erste ökologische Maßnahme geht in D-Mark-Zeiten zurück. Das war 1993, Sören und Marion Scholz studierten Verfahrens- und Umwelttechnik und kauften ihre erste Energiesparlampe. Die damalige Großinvestition von 25 Mark hat sich längst ausgezahlt – die Lampe leuchtet immer noch.

Die vergangene Woche, als europaweit über Mobilität nachgedacht werden sollte und auch in Kleinmachnow zum autofreien Tag aufgerufen wurde, bedeutete für Familie Scholz eine neue Herausforderung. Das Auto sollte die gesamte Woche stehen bleiben. „Das ist nicht leicht durchzuhalten“, reflektiert Marion Scholz den Dauerverzicht. Doch letztlich ist es eine Frage des Zeitmanagements, ob die Kinder auch ohne Auto pünktlich in der Schule sind und sie rechtzeitig zur Arbeit ins Bundesumweltamt nach Berlin kommt. Den zwölf Kilometer langen Weg zur Arbeit will Scholz nun weiterhin mit Rad fahren. „Das ging ja früher auch.“

Zu Weltverbesserern, das ist ihr wichtig, werden sie nicht. „Aber wir tun mehr als die Politik, die sich mit der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner begnügt.“ Einigen Nachbarn, Freunden und Bekannten mache der bewusst auf Nachhaltigkeit organisierte Haushalt ein „schlechtes Gewissen“. Folge: Auch Nachbarn beziehen inzwischen Ökostrom, interessieren sich für eigene Solarstromanlagen, man teilt sich eine Rest- und Biomülltonne, was zum Sparen und zur Mülltrennung zwingt. „Es ist interessant“, meint Marion Scholz, „in Gesprächen mit Freunden wird beim Umweltschutz schnell auf Politik und Wirtschaft gezeigt.“ Man sei sich zu selten der Macht bewusst, die man als Verbraucher habe. Doch man selbst entscheide, ob man klimaneutralen Strom nutze, wo und was man kauft.

Elf Bewerber gab es für den diesjährigen Agenda-Preis. Das Scholz’sche Familienkonzept für mehr Nachhaltigkeit kam auf den dritten Platz und bescherte der Haushaltskasse 500 Euro. Der Erfolg wirkt nachhaltig: „Das ist noch steigerungsfähig“, kündigt Marion Scholz an. Peter Könnicke