Potsdamer Neueste Nachrichten 21.09.07

 

KulTOUR

Mit Gefühl und Temperament

Kleinmachnower Jugendsinfonieorchester als Gemeinschaftsprojekt bald auch auf CD

Kleinmachnow - Nicht marschieren, laufen sollen die Pferde“, ruft Dirigent Wladimir Bogdanov den Musikern des Jugendsinfonieorchesters zu. Die probieren bereits zum vierten Mal den fünften Satz von Brahms „Ungarischen Tänzen“. Manchmal unterbricht sie der Dirigent schon nach den ersten Tönen mit einem kurzem Händeklatschen, um Hinweise zu geben. „Spielt etwas leiser und nehmt euch Zeit, das ist mehr Musik, mehr Gefühl“, beschwört er die 50 jungen Musiker und fügt hinzu: „Ich weiß, das ist sehr anstrengend“. Dann nimmt er wieder Augenkontakt zu den Technikern am Mischpult auf, streckt kurz die Hände in die Luft und der Saal füllt sich augenblicklich mit Tönen, die der Dirigent mit den Händen zu formen scheint. Das rhythmische Vergnügen erfasst nicht nur die Spieler sondern auch die wenigen Zuhörer, die hinter vier Kameras und Mischpult Platz genommen haben. Denn die Probe wird für eine CD aufgezeichnet, die später alle Beteiligten erhalten werden. Es ist das erste gemeinsame Projekt zwischen dem Oberstufenzentrum Teltow, der Waldorf- und der Kreismusikschule.

Gabriele Janke und Ronald Peltsch sind vertraut mit all den Schiebern und Reglern, die notwendig sind für eine Audioproduktion. Denn die beiden Lehrer haben den Umgang mit dieser Technik während einer Fortbildung gelernt, aber die Probensituation eines Orchesters ist auch für sie nicht alltäglich. „Wir haben uns gewünscht, solche Praxiserfahrungen machen zu können“, sagt Gabriele Janke und findet auch anerkennende Worte für das Orchester, denn „das Stück sei ziemlich schwierig“. Da das Projekt in eine Fortbildungsmaßnahme für Lehrer im Fachbereich Medien integriert werden konnte, sind die Aufnahmen für das Orchester kostenfrei, erklärt der technische Projektleiter Klaus-Werner Müller. Finanziell unterstützt die Gemeinde Kleinmachnow das Projekt. Sponsoren sind auch das Restaurant Salumeria Pano e Vino und die Bäckerei Wese. Als Glücksfall betrachten die Zusammenarbeit die beiden künstlerischen Leiter Barbara Flohr und Wladimir Bogdanov. Denn für die jungen Musiker sei das eine wichtige Erfahrung unter solchen Bedingungen arbeiten zu können. Zusammen fanden die beiden Orchester, weil manche Instrumente im eigenen Orchester nicht besetzt werden konnten. So fehlte im Orchester der Waldorfschule eine Geige. Da lag der Gedanke nahe, gemeinsam ein Jugendsinfonieorchester zu bilden, vor allem weil einige Waldorfschüler auch Schüler der Musikschule sind. So ein Projekt sei schon ein großer Ansporn für alle, meint die 15-jährige Sarah Apelt. Für sie seien die gemeinsamen Proben ein richtiger Energieschub. Auch Maria Stieper hat festgestellt: „Das steigert enorm das persönliche Spiel.“ Außerdem mache es viel mehr Spaß mit anderen zusammen zu spielen. Spaß zu haben, ist auch für Kontrabassist Joseph Prödel wichtig, denn der Student muss sich zurzeit aufs Studium konzentrieren. Aber die Zeit fürs Orchester nehme er sich schon, auch um in Übung zu bleiben.

Neben Brahms stehen noch Titel aus dem Musical „Anatevka“ und ein Stück von Lawrence Jenkens auf dem Programm. Am liebsten spielen die jungen Musiker jedoch die „Ungarischen Tänze“, weil sie da richtig Temperament zeigen können. „Aber unser Musiklehrer Wladimir Bogdanov meint, dass wir noch temperamentvoller spielen können" erzählen einige Musiker der Waldorfschule und fügen hinzu, „er ist nämlich Bulgare“.

Empfinden für Musik wolle er bei den Schülern entwickeln, erklärt Bogdanov, weil das wichtiger sei als technisch gut zu spielen. „Die Technik kommt dann ganz von allein, aber wenn das andere fehlt, macht es keinen Sinn“, so Bogdanov.

Kirsten Graulich