Potsdamer Neueste Nachrichten 070806

„Eine Fusion wird es in den nächsten Jahren nicht geben“

Ein Zusammenschluss in der Region Teltow sollte kein Tabu mehr sein – doch um die Idee ist es wieder still geworden

Region Teltow - Die Absicht hatte Wolfgang Blasig noch einmal untermauert. „Es ist ernst gemeint“, beteuerte der Kleinmachnower Bürgermeister, als er im vergangenen November mit seinem Stahnsdorfer Amtskollegen Gerhard Enser vor die Presse trat, um die Fusion der beiden Orte zu annoncieren. Dass es keine Blitzhochzeit geben würde, schien klar – obwohl: Die Wahl seines Nachfolgers am 1. Juni diesen Jahres wäre kein schlechter Zeitpunkt gewesen, auch für einen Zusammenschluss der beiden Orte um Volkes Stimme zu bitten, meint der Stahnsdorfer CDU-Bürgermeister Enser. Man hätte kurzfristig ein „offenes Fenster“ gehabt. „Nun ist es zu“, bedauert er.

Mehr noch: Wer meinte, nach Blasig Beteuerung, eine Fusion sei kein Tabu mehr, schon schwaches Glockengeläut zu vernehmen, hört jetzt gar nichts mehr. Als hätte es den Vorstoß nie gegeben. Zwar schwört Enser, dass die Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene weiterhin stattfindet und mehr gemacht werde, als sichtbar wird. Doch gibt er sich ungewohnt zurückhaltend: „Man muss sich damit ja nicht brüsten.“ Doch warum Gutes tun und nicht darüber reden? Schließlich waren es die Bürgermeister selbst, die ihre Vorreiterrolle betonten, um der Öffentlichkeit Einigkeit und Kooperation vorzuleben und für die Fusionsidee zu erwärmen.

Enser und Blasig wollten ihren Ortsparlamenten ein Eckwertepapier vorlegen, in dem sie eine Reihe möglicher Kooperationen vorschlagen: einen gemeinsamen Bauhof, eine einheitliche Kita-Verwaltung, eine synchrones Haushaltswesen … Ein dreiviertel Jahr später schüttelt Kleinmachnows CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt den Kopf: „Über so etwas haben wir nie gesprochen.“ Ohnehin glaubt der CDU-Politiker, dass relevante Fragen unabhängig von einer Fusion der Orte entschieden werden. Ein drittes Gymnasium etwa werde die Region auch so bekommen. Ob mit oder ohne Eckwertepapier – Schnittmengen gibt es. Im Herbst soll das Ergebnis einer Prüfung vorliegen, ob ein Zusammenschluss der Kleinmachnower und Stahnsdorfer Wohnungsbausgesellschaften – GewoG und WoGe – sinnvoll ist oder ob es andere Alternativen gibt. Die Stahnsdorfer WoGe jedenfalls „ist langfristig allein nicht mehr zu stemmen“, so Enser.

Verwundern würde es nicht, wenn man in Teltow den scheinbar abgekühlten Flirt der beiden Nachbarn mit Genugtuung registriert. Es hat einige Teltower und vor allem Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) arg verstimmt, dass man im vergangenen Herbst urplötzlich den viel beschworenen Dreiklang der Region aufkündigte und Teltow zum Zaungast degradierte. Trotzig kündigte Schmidt an, seine Stadt werde sich künftig auf eigene Stärken konzentrieren und eher Richtung Teltow-Fläming orientieren. Doch offenbar heilen die Blessuren. „Wir sind auf dem Weg der Annäherung, die tägliche Arbeit holt uns ein und relativiert vieles“, sagt Schmidt. So basteln Stahnsdorf und Teltow gerade an einem Vertrag, der klärt, wie der Bau der Nord- und Biomalzspange realisiert werden kann. Die Straße ist Teil des Teltower Systems zur Verkehrsentlastung und wichtig für dieAnsieldung des geplanten Kaufland-Marktes im Techno Terrain. Doch so lange ungeklärt ist, wie der durch die Ansiedlung zunehmende Verkehr auch über Teltows Stadtgrenze hinaus geführt werden soll, wird Stahnsdorf das Vorhaben ablehnen. Wäre man in einem Ort vereint und gebe es nur ein Stadtparlament, seien solche Entwicklungen und Vorhaben leichter umzusetzen, meint Enser. Daher gibt er sich weiter als „Fusionist“. Dem Ansinnen seines Kollegen Blasig, nur Kleinmachnow und Stahnsdorf zu fusionieren, habe er sich zwar gestellt, so Enser. Doch ist er überzeugt, dass es letztlich zu einem Zusammenschluss aller drei Orte kommen wird und muss.

Die Vermutung, dass die Fusion „eben nicht schon morgen“ vollzogen wird, eint Enser mit seinem Kleinmachnower Parteifreund Burkardt. „Ein Zusammenschluss“, so prophezeit der, „wird es in den nächsten Jahren nicht geben.“ Außerhalb politischer Kreise interessiere sich niemand für den Stand einer möglichen Fusion, so Burkardt. Selbst aus der Politik, so hadert Enser, kämen kaum Werbeimpulse für mehr Kooperation und schon gar nicht für einen Zusammenschluss. Tatsächlich hat die Teltower SPD etwa – von Blasig und Ensers Annonce – aufgeschreckt selbstkritisch bemerkt, wenig für die regionalen Zusammenarbeit zu tun. Daher nahmen sich die Sozialdemokraten im Januar vor, politisch mehr Einfluss auf mehr Gemeinsamkeit zu nehmen. Eine Standortentwicklungskonferenz, wie sie die Stahnsdorfer SPD für das Frühjahr vorgeschlagen hatte, sollte die Richtung vorgeben. Die Konferenz hat es bislang nicht gegeben. Peter Könnicke