Potsdamer Neueste Nachrichten 11.05.07

Am liebsten eine Null-Lösung

Teltower befürchten durch Flughafen- und Straßenbau auch eine Bebauung der Rieselfelder

Teltow - Noch liegen die Rieselfelder südlich von Ruhlsdorf im „Grünen Bereich“. Doch für ein Gebiet des südlichen Grüngürtels könnte sich das bald ändern. So gibt es Überlegungen im Dreieck zwischen der Trasse der Anhalter Bahn und der neuen L 40 eine 46 Hektar große Ansiedlungsfläche für Gewerbe zu nutzen, um den steigenden Flächenbedarf im Großbeerener Güterverteilzentrum (GVZ) befriedigen zu können (PNN berichteten).

In Plänen ist das Areal bereits unter dem Namen „An der Anhalter Bahn“ ausgewiesen. Zur verkehrlichen Erschließung werden zwei Varianten ins Auge gefasst, von denen Teilstrecken auch über Ruhlsdorfer Gemarkung zum GVZ im Nachbarkreis führen sollen. „Die beste Variante wäre aber eine Null-Lösung“, befand Ruhlsdorfs Ortsbürgermeister Berndt Längrich (SPD) am Mittwoch bei einer Radtour, der sich mehrere Stadtverordnete, interessierte Teltower und Mitglieder der Lokalen Agenda angeschlossen hatten. Vor Ort wollten sie sich so einen Eindruck über mögliche Einschnitte in die Landschaft verschaffen, bevor im Stadtparlament darüber entschieden wird. Ziel der Radpartie war der Bahnhof Großbeeren, der südlich an das künftige Erweiterungsgebiet angrenzt. Zuvor führte die Tour vom Alten Heinersdorfer Weg entlang am Bahndamm durch Rieselfelder und Pappelwald in den Nachbarkreis Teltow-Fläming.

Hinter dem Waldstreifen soll sich das Gewerbegebiet parallel zur Trasse fast bis zur L 40 neu erstrecken, das vorwiegend für den Bedarf des Großflughafens Schönefeld vorgesehen ist. Welcher Freiraum damit aber für Erholung verloren ginge, sollte die Radtour verdeutlichen, so Längrich. Auch seltene Vogelarten seien hier inzwischen zu Hause. Zudem wären die zu den Berliner Stadtgütern zählenden Flächen noch immer ein Ausgleichs- und Ersatzpflanzungsgebiet. Auch eine Wiederverrieselung werde für einige Areale bereits in Betracht gezogen werde, da Berliner- und Potsdamer Gewässer in schlechtem Zustand seien, erklärte Längrich. So könnten ehemalige Rieselfelder wieder als Reinigungsbiotope für Abwasser genutzt werden. Doch die Rieselfelder im Verflechtungsraum Berlin-Brandenburg, die Anfang des 20. Jahrhunderts noch eine Gesamtfläche von 29 000 Hektar hatten, sind geschrumpft und im Land Brandenburg existieren davon nur noch 5800 Hektar. Auf denen laste teilweise ein großer Baudruck. Auch für das Gebiet zwischen Ruhlsdorfer und Großbeerener Gemarkung könnten die Begehrlichkeiten zunehmen, wenn dort erst einmal eine Erschließungsstraße gebaut wird, so Längrich. Denn vermutet wird, dass sich Gewerbeflächen dann auch auf Teltower Seite ausweiten. Der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin, der sich ebenfalls vor Ort informierte, warnte davor, die Ökonomie gegen die Ökologie auszuspielen. Vielmehr sollten vor Neuerschließungen erst einmal vorhandene Gewerbeflächen genutzt werden. Mit Blick auf die bebauten GVZ-Areale hinter der Trasse, merkte Klocksin kritisch an: „Hier werden Flächen so großzügig bebaut als ob wir noch genügend davon hätten.“ Eberhard Adenstedt (CDU/Grüne-Fraktion) befürchtete, dass mit einer Erschließungsstraße auf Teltower Seite noch mehr Verkehr durch die Stadt rollen würde und „unser Spangensystem dann wohlmöglich nicht mehr ausreicht“. Auf die Verantwortung für kommende Generationen verwies Wolfgang Hirte von der Kleinmachnower Agenda: „Teltows einzige Luftschneise im Süden der Stadt wäre mit einer Verdichtung unwiderbringlich verloren.“ K. Graulich