Potsdamer Neueste Nachrichten 15.11.06

Im Bereich des Erwarteten

Wenn Stahnsdorf und Kleinmachnow sich gegenseitig stärken, schadet das nicht der Region

Von Peter Könnicke

Region Teltow - Wie schnell sich die Zeiten doch ändern! „Das ist Dirigismus“, grantelte vor gut einem Jahr Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD), als der mittelmärkische Landrat Lothar Koch (SPD) kühn bemerkte: Unter seiner Regie hätte es längst eine Fusion der drei Kommunen am Teltowkanal gegeben. Unnötig und überflüssig sei die Belehrung, echauffierte sich Blasig im Sommer 2005. Der Landrat verstünde nichts von den Vorgängen in der Region.

Offenbar hat der oberste Verwalter der Mittelmark mehr Weitsicht, als ihm zugetraut wird. Erschien es Blasig und seinen Amtskollegen aus Stahnsdorf und Teltow vor Jahresfrist nur allzu logisch, dass ihre drei Kommunen bei der Neueinteilung des Landes in zu stärkende Regionen als gemeinsames Mittelzentrum und Wachstumskern anerkannt werden, hatte Koch einen anderen Blick auf die Dinge. Es sei schwer, so der Landrat, für die Anerkennung dreier Orte als ein Mittelzentrum eine rechtliche Anerkennung zu finden – zumal es kein Hinterland gibt, das aus dieser Zentrale versorgt werden muss. Weder Potsdam noch Berlin sind auf die Region Teltow angewiesen. Also mahnte Koch Realitätssinn an und dirigierte – wenn man so will – den Fusionsgedanken, wolle sich die Region stark machen.

Inzwischen ist wahr, was Koch prophezeite. Nur die Stadt Teltow soll Mittelzentrum werden – warum auch immer. Wirklich helfen wird das der prosperierenden Region nicht, die sich so dynamisch entwickelt, wie kaum eine andere im Land. Das Instrument eines Mittelzentrums wird der Region wenig gerecht, doch ist damit das Repertoire der Landesplaner schon erschöpft. So beklagt der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin die mangelnde Fantasie, wie man Regionen wie die Teltower einordnet und fördert. Sein Vorschlag, den Statuts eines Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunktes zu schaffen, fand bislang keinen Widerhall.

Es lässt sich trefflich über die geheimen Motive spekulieren, weshalb sich Blasig und Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) nun über eine engere Zusammenarbeit ihrer beiden Gemeinden verständigen und die Option einer Fusion beider Orte nicht länger zum Tabu machen. Es spielt keine Rolle, ob Stahnsdorfs Bürgermeister sich damit für einen Wechsel in die Landespolitik schick machen will und sein Erbe, das er in anderthalb Jahren nach Ablauf seiner Amtszeit hinterlässt, lieber von Kleinmachnow mitverwaltet sieht. Genauso egal ist es, ob Blasig nur deshalb mit Stahnsdorf flirtet, weil er vergnatzt ist über die Teltower Selbstgefälligkeit. Denn dort gibt man sich recht zufrieden, bald ein alleiniges Mittelzentrum zu sein, während der Protest verhalten ist, dass die Region insgesamt zu kurz kommt. Fakt ist: Erstmals seit Jahren monotoner Lippenbekenntnisse reden die Bürgermeister zwei Orte, deren Gemarkungsgrenzen ohnehin schwer zu erkennen sind, über eine Fusion. Für manchen ist der Ton dabei derart bedrohlich ernst, dass er in der Ferne tatsächlich Hochzeitsglocken läuten hört. Enser und Blasig machen das, was man lange Zeit erwarten durfte. Es ist nur nahe liegend, wenn der üppig ausgestattete Kleinmachnower Bauhof seinen Dienst auch um Nachbarort verrichtet. Wenn Kleinmachnower Kinder in Stahnsdorf zur Kita gehen und umgekehrt, ist es sinnvoll, die Verwaltung der Kindertagesstätten in eine Hand zu legen. Da die Grundrechenarten in beiden Orten die gleichen sind, ist es ratsam, die Einführung eines neuen Haushaltswesens synchron vorzunehmen. Da Straßen meist nicht als Sackgasse enden, sondern von einem Ort in den anderen führen, ist eine einheitliche Verkehrsplanung angebracht. So lässt sich das weiterführen. Man ist so eng beieinander, das es schwerer ist, getrennt zu sein als vereint.

Wenn man so will, ist es zwangsläufig Plan B, den die beiden Bürgermeister nun in Angriff nehmen. Nachdem sich die – berechtigte – Erwartung nicht erfüllt hat, als Regionaler Wirtschaftskern an den Vitamintropf des Landes gehängt zu werden, bedarf es Überlegungen, wie die Region selbst ihre Stärken stärken kann. Zweifelsfrei gelingt das, was man Kräfte und Potenziale bündelt und jenen Kriterien am besten gerecht wird, nach denen das Land seine Kommunen künftig finanziell ausstattet. Da sich die Höhe der Zuschüsse an der Einwohnerzahl orientiert, ist die Überlegung logisch und konsequent, aus zwei Orten einen zu machen. Gemeinsam bekämen Kleinmachnow und Stahnsdorf pro Jahr etliche Millionen Euro mehr an Zuweisungen.

Natürlich gelten all diese Vorteile auch für eine intensivere Kooperation und mögliche Fusion aller drei Kommunen. Sicher wäre es besser, sich über Verstimmungen und Befindlichkeiten hinwegzusetzen, um zu einem „anständigen Dreier“ zu kommen, wie es Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt gern möchte. Doch offenbar haben nicht alle Politiker seiner Stadt dieses Verlangen, zumindest empfangen Blasig und Enser „keine eindeutigen Signale“. Ist es deshalb falsch, wenn sich wenigstens zwei Avancen machen? Ganz sicher nicht. „Wenn zwei miteinander reden, ist das nicht der Verrat am Dritten“, befindet SPD-Politiker Klocksin. Dennoch hält er nichts von einer Fusion zwischen Stahnsdorf und Kleinmachnow. „Wie wollen wir in Potsdam deutlich machen, dass unsere Region ein Wachstumskern ist, wenn sie sich zerlegt?“, fragt er. Operatives Ziel müsse viel eher sein, sich gemeinsam für die nächste Evaluierung von Regionalen Wachstumskernen attraktiv zu machen. Doch ist nicht anzunehmen, dass die Region ihr Potenzial verliert, wenn sich zwei ihrer Orte vereinen. Im Gegenteil: Aus Konkurrenzen werden Synergien. Ein solider Zweier wäre ein erster Schritt, wenn es dem Dritten nicht schadet.

Vielleicht lobte Landrat Koch bei seinem vorgestrigen Besuch in Stahnsdorf die „seperaten Gespräche“ zwischen Blasig und Enser deshalb so ausdrücklich, weil er Bestätigung für sein einst so gescholtenes Fusions-Plädoyer empfand. Und er wäre nicht konsequent, würde er nicht mahnen, dass die Zukunft der Region in ihrem Zusammenhalt liegt. Genau das meint wohl auch der Stahnsdorfer CDU-Gemeindevertreter Detlef Burhenne, wenn er sagt: „Offiziersskat spielt man zu zweit, aber einen richtigen Skat zu dritt