Potsdamer Neueste Nachrichten 05.09.06
Keine Motivation für
Zusammenarbeit
Klocksin: Nur Teltow als Mittelzentrum auszuweisen, blockiert regionale
Kooperation / Enser: Fusion?
Von Peter Könnicke
Teltow - Der SPD-Landtagsabgeordnete
Jens Klocksin appelliert an die politischen Akteure aus Kleinmachnow, Teltow
und Stahnsdorf, das eigene regionale Profil weiter zu stärken. „Wir müssen
unsere Interessen und unsere Stärken besser präsentieren“, so der
Kleinmachnower Politiker gegenüber den PNN. Es gebe durchaus Begehrlichkeiten,
die Region als „Potsdamer Hinterland“ zu begreifen, diesem Eindruck müsse
konsequent entgegen gewirkt werden.
Anlass für Klocksins Initiative ist die weitgehend abgeschlossene Diskussion
der Landesregierung um die künftige Wirtschaftsförderung sowie die Vorschläge
der Landesplaner, welche Orte und Regionen in Zukunft Ober- und Mittelzentren
sein sollen. Wie berichtet, soll nach dem gegenwärtigen Entwurf die Stadt
Teltow den Status eines Mittelzentrums bekommen. Klocksin hält dies für
unbefriedigend: Er betrachtet alle drei Orte als einen besonderen Siedlungs-
und Entwicklungsschwerpunkt, so dass die gesamte Region als Mittelzentrum in
Funktionsteilung ausgewiesen werden sollte. Denn die Aufgaben, die für ein
Mittelzentrum definiert sind – Wirtschaft, Siedlungsfunktionen, Einzelhandel,
Kultur, Freizeit, Bildung, Verwaltung, Gesundheit, Verkehr – übernehme nicht
die Stadt Teltow allein, sondern verteile sich auf alle drei Kommunen.
Für ihre Versorgungsaufgabe sollen
Mittelzentren – also im regionalen Fall Teltow – 800 000 Euro bekommen. Nach
viel klingt das nicht, von einer „lächerlichen Summe“ spricht beispielsweise
Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU). Doch abgesehen von der Frage,
wie abhängig Kleinmachnow und Stahnsdorf bei der Verteilung dieser Mittel
künftig von der Teltower Gunst und Prioritätensetzung wären, sieht Klocksin ein
weitaus größeres Problem: Der Ansatz, lediglich Teltow zum Mittelzentrum zu
machen, motiviere nicht zur Zusammenarbeit. Anders wäre das, wenn sich mehrere
Kommunen zentralörtliche Funktionen teilen: Dies würde die Bereitschaft zur
Kooperation fordern, fördern und auch honorieren.
Bleiben Stahnsdorf und Kleinmachnow ohne zentralörtliche Funktion, hat das für
die Entwicklung der beiden Orte spürbare Folgen. „Sie verlieren zum Beispiel
die Fördermöglichkeit für Infrastrukturmaßnahmen, für den Denkmalschutz oder
für Tourismusprojekte“, verdeutlicht Klocksin. „Wir werden abgehängt von
Entwicklungen, die andernorts stattfinden.“ Ein Projekt wie die Entwicklung der
Teltowkanalaue zu einem Regionalpark werde dann nur schwer zu verwirklichen
sein.
Für Klocksin ist die Diskussion noch nicht abgeschlossen, es sei noch Zeit, für
das neue Zentrale-Orte-System, das ab 2009 gelten soll, Korrekturen
vorzunehmen. So wolle er sich dafür einsetzen, dass Kommunen im Berlin nahen
Raum einen eigenen Status als Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkt erhalten.
Stahnsdorfs Bürgermeister Enser, einer der eifrigsten Vordenker über die
Zukunftsbelange der Region, sieht noch andere Alternativen: Wenn sich
Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow zusammenschließen, wäre die jährliche
finanzielle Schlüsselzuweisung, die sich an der Einwohnerzahl orientiert, um
4,5 Millionen Euro höher als die Zuwendungen für jede einzelne Kommune. Wie
sensibel die Frage einer Fusion ist, weiß Enser allerdings: „Die Bürger der
Region müssen selbst bewerten, ob es die beste Lösung ist.“
Begrüßt wird von Klocksin, dass die Landesregierung in der Region vier
Branchenschwerpunkte anerkennt: Medien/Informations- und Kommunikationstechnik,
Optik, Biotechnologie und Life Sciences sowie Metallverarbeitung. Es sei
„außerordentlich“, dass die Region allein vier von 16 Branchenschwerpunkte
aufweise, die künftig eine Höchstförderung des Landes erhalten. Das heißt:
Unternehmen dieser Branchen können bei einer Ansiedlung in der Region mit
finanzieller Unterstützung des Landes rechnen. Branchenfremde Firmen hingegen
können dies nicht – dazu müsste die Region als Wirtschaftskern gesehen werden,
was die Landesregierung jedoch nicht tut. Auch das hält Klocksin,
infrapolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, für falsch. Schließlich
erfülle die Region zwei der drei Kriterien eines Wirtschaftskerns: sie habe
überdurchschnittliche wirtschaftliche sowie wissenschaftliche Potenziale und
durch Teltow eine Kommune mit mehr als 20 000 Einwohnern. Mit einer Studie, die
Klocksin unter anderem zusammen mit der IHK erstellt, will er einen Überblick
über die Leistungsfähigkeit der Region liefern. Dabei sollen die Anforderungen
an Wirtschaftskerne mit dem regionalen Status Quo verglichen werden, was
letztlich die Landesregierung bewegen soll, ihren Blick auf die Region zu
überdenken. Denn: „Allein die Lagegunst zu Berlin macht die Region nicht zum
wirtschaftlichen Selbstläufer.“