Potsdamer Neueste Nachrichten 09.06.06

Geschichte mit Irritationen

Der Kulturausschuss vertagt die Rückbenennung der Friedensbrücke in Badewitzbrücke

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow - Viktoria Brammer störte bereits die Formulierung. Die „so genannte Friedensbrücke“ soll in Badewitzbrücke rückbenannt werden. Allein das „so genannte“ erregte die Abgeordnete von Pro Kleinmachnow, noch ehe die CDU-Vertreter im Kleinmachnower Kulturausschuss am Mittwoch ihren Antrag begründet hatten. Badewitz, dessen Name die Brücke bis zu ihrer Zerstörung im zweiten Weltkrieg trug, verhalf mit seinem geschickten Finanz- und Flächenmanagement beim Bau des Teltowkanals dem damaligen Landkreis Teltow zum wirtschaftlichen Aufschwung. „Badewitz hat etwas geleistet, von dem man heute lernen kann“, so CDU-Ortschef Wolfgang Nieter. Man sollte sich dieses Teils Kleinmachnower Geschichte besinnen und die Brücke wieder umbenennen.

Es bedurfte nicht all zu viel prophetischer Begabung, um vorauszusehen, dass der Vorstoß zu Kontroversen führen wird. Bereits vor Wochen, als erstmals über die Intentionen zur Umbenennung der Brücke berichtet wurde und auch Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) das 100. Jahr des Teltowkanals als einen guten Zeitpunkt nannte, der Überführung wieder der Namen des einstigen Vize-Landrats zu geben, regten sich Zweifel, Unmut und Unbehagen. So wurde die Nähe Gottfried von Badewitz' zu den Nationalsozialisten kolportiert, doch hatte der Jurist – Jahrgang 1866 – nichts mit dem Dritten Reich zu tun. Seine Söhne, begeisterte Reitsportler, traten in die NSDAP ein. Nicht aus Überzeugung, wie der heutige Nachfahre Hubertus von Badewitz betont, sondern weil eine Mitgliedschaft in der nationalsozialistischen Partei hilfreich für eine Sportförderung der Reitvereine Siethen und Gröben gewesen sein soll. Sowohl sein Großvater, wie auch sein Vater und Onkel „sind ohne Fehl und Tadel“ geblieben, beteuert Hubertus von Badewitz. Während Werner von Badewitz die NSDAP bald wieder verließ, musste Gerhard von Badewitz als Mitglied der Olympiamannschaft von 1936 Parteimitglied bleiben.

CDU-Chef Nieter sieht die „Irritationen“ überwunden und wirbt für eine Rückbenennung der Brücke. Denn zum Werk des Teltowkanals gehöre nicht nur der Name des damaligen Landrats Ernst von Stubenrauch, dessen Verdienste vielfach und in unterschiedlicher Form gewürdigt werden, sondern auch Gottfried von Badewitz. Zudem sei fraglich, ob die Friedensbrücke ihren Namen 1950 von einem legitimierten Gemeinderat erhalten hat und dies nicht eher ein undemokratischer Akt gewesen sei.

SPD-Ortschef Frank Nägele kann indes „nur davor warnen, an dieser Stelle anzufangen, historisierend zu agieren“. Die Friedensbrücke sei genauso Bestandteil der Kleinmachnower Geschichte wie Badewitz. Nägele hätte „ein Problem mit einer Diskussion, die an einem Ort beginnt, an dem Menschen im Krieg ihr Leben verloren haben“.

„Ganz Kleinmachnow kennt diese Brücke als Friedensbrücke“, meint Bernd Jentzsch, der als Sachkundiger für PRO Kleinmachnow im Kulturausschuss sitzt. Seit 56 Jahren heißt sie so. „Es gibt wichtigere Dinge, als jetzt in der Historie herumzukramen“, befindet Jentzsch. Und er fragt: „Was kommt dann? Die Umbenennung des OdF-Platzes?“ Der Name der Friedensbrücke habe einen hohen Symbolwert. „Hier“, so er 70-Jährige, „sind Nachbarn gestorben.“ Auch PDS-Gemeindevertreter Wolfgang Kreemke schüttelt den Kopf: Es sei „unzeitgemäß, der Friedensbrücke ihren Namen zu nehmen“.

Hubertus von Badewitz, der als Gast im Kulturausschuss Rederecht bekam, ist überzeugt, dass „im Geschichtsunterricht nicht untergehen wird, dass es in Kleinmachnow einmal die Friedensbrücke gab“. Denn er sieht eine Rückbenennung der Brücke nicht als Blick zurück, sondern nach vorn. „Sie machen sich der Geschichte bewusst“, so sein Werben im Ausschuss. Der Name „Badewitzbrücke“, meint der Enkel des einstigen Vize-Landrats, sei als Zeichen für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu verstehen, die es neu zu generieren gilt.

Ausschusschef Guido Beermann erkannte in der kurzen, strittigen Debatte Klärungsbedarf und vertagte eine Entscheidung. „Unter Umständen lässt man sich in weiteren Beratungen eines Besseren belehren“, so der CDU-Abgeordnete.

Seit einigen Tagen erinnert ein Teil des Geländers der ehemaligen Badewitzbrücke an das einstige Bauwerk. Nach zweijähriger Bauzeit führte sie 1906 als zweite Brücke hinter der Machnower Schleuse über den Kanal. Als sie zum Ende des Krieges zerstört wurde, baute man neben ihr zunächst eine hölzerne Behelfs- und später eine massive Überführung – die Friedensbrücke. Auf einer Infotafel neben dem Geländer ist die Geschichte der Badewitzbrücke in groben Zügen dokumentiert.