Potsdamer Neueste Nachrichten 29.04.06
"Ein Schritt vor" – „Ein Schritt
zurück“
Mit Mehrheit beschließt Gemeindeparlament den strittigen Seeberg-Vorentwurf
/ "Starke Minderheit"
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Die Kritiker sind in der
Minderheit. Als am Donnerstag die Kleinmachnower Gemeindevertreter dem
Vorentwurf zur Bebauung des Seeberges eine ausreichenden Reifegrad bescheinigen
sollten, ließen elf Abgeordnete ihre Hand unten. „Immerhin“, so meinte Hubert
Faensen von der UBK/WIR-Fraktion, „es ist eine starke Minderheit.“ 18
Abgeordnete stimmten für den Abwägungsbeschluss, der die von der Öffentlichkeit
gemachten Anregungen und Bedenken zum Vorentwurf und die daraus resultierenden
Empfehlungen des Bauamtes und der Planer beinhaltet.
Vergeblich hatten die Kritiker argumentiert, dass die Grundlagen und Vorgaben
für die nächsten Planungsschritte zur Gestaltung des Seeberges nur unzureichend
definiert und teilweise dem Charakter des landschaftlich und
architekthistorisch wertvollen Areals unangemessen sind. So hält Faensen den
geplanten, dreigeschossigen Hotelbau neben der Hakeburg sowie die Regelung für
Zufahrten zur Burganlage für eine „Zerstörung der kulturhistorischen Substanz“.
Die Neubauten, die von der Internationalen Schule (BBIS) in Fortführung des
bestehenden Ensembles der fünf ehemaligen Reichspostbauten plant, würden die
Topopgrafie des Seeberges gänzlich missachten, beklagte CDU-Gemeindevertreter
Fred Weigert. „So wird dem gesamten Ensemble Reiz und Spannung genommen.“
SPD-Parlamentarier Jens Klocksin attestierte dem Vorentwurf „noch immer
gravierende Mängel“. Der Planungsstand zur verkehrlichen Erschließung des
Seebergs – bislang soll der geplante Campus mit drei Schulen, Waldorf-Kita,
Sport- und Kulturstätten lediglich über den westlichen Adolf-Grimme-Ring
erreichbar sein – „ist in ein äußerlich unbefriedigendem Zustand“, moniert
Klocksin. „Es ist nicht klar, wohin die Reise geht“, befindet WIR-Vertreter
John Banhart. Zwar seien in den Fachausschüssen zahlreiche Maßgaben, Nachweise
für eine Verträglichkeit bestimmter Bauvorhaben und Nachbesserungen bestimmt
worden, die in dem nun zu erstellenden Entwurf eines Bebauungsplans
berücksichtigt werden sollen. Doch habe Banhart nicht das unbedingte Vertrauen
in die Verwaltung, dass die Forderungen auch genügend umgesetzt werden. „Die
Erfahrungen lehren uns etwas anders“, so der WIR-Vertreter.
CDU-Fraktionschef Burkardt Ludwig hat
durchaus mehr Vertrauen in das gemeindliche Bauamt und die beauftragten
Planungsbüros. Gleichwohl fordert er: „Jetzt ist die Verwaltung in der Pflicht,
Qualität zu liefern.“ Denn auch er hält die Ideen zur verkehrlichen
Erschließung bislang für mangelhaft, Bebauungsabsichten für eine Reservefläche
der BBIS für zu unkonkret und die bauliche Erweiterung des Bestandsensembles
bislang für wenig nachvollziehbar. Doch anders als sein Fraktionskollege
Weigert sieht Burkardt die Kommune bei der Entwicklung des Seebergs einen
großen Schritt voran gekommen. Es sei gelungen, eine übermäßige Wohnbebauung zu
verhindern, kommerzielle Verwertungsinteressen einzudämmen und die Existenz der
Schulen auf dem Gelände zu sichern. „Das ist als großer Erfolg zu verzeichnen“,
so der CDU-Politiker. Damit seien die Diskussionen natürlich nicht beendet, es
werde weiterhin unterschiedliche städtebauliche sowie geschmackliche
Vorstellungen und die die perfekte Lösung geben. Aber man sei jetzt an dem
Punkt zu fragen, ob man das von beauftragten Fachleuten zu erwartende
Planungsergebnis selbst vorwegnehmen oder die Chance auf eine vernünftige
Lösung ermöglichen sollte. Burkardt plädierte für letzteres. Ebenso
SPD-Fraktionschef Michael Scharp. Auch bezeichnete das, was jetzt vorliegt, als
„Erfolgsgeschichte“. Es sei ein großer Erfolg, nach Jahren der Ungewissheit
über die Zukunft des Areals jetzt mit der Internationalen Schule einen
Eigentümer zu haben, der das gesamte denkmalgeschützte Ensemble entwickeln
will. Trotz der Kritik an einzelnen Punkten überwiege das Gute am vorliegenden
Vorentwurf.
Die Abstimmung zum Abwägungsbeschluss erfolgte geheim. Während die Befürworter
das Mehrheitsvotum als Erfolg begrüßten, interpretierte Sozialdemokrat Klocksin
das Ergebnis von 18 zu 11 Stimmen als einen „Schritt zurück“: „Der angestrebte
Konsens für den Seeberg besteht nicht mehr.“