Potsdamer Neueste Nachrichten 01.02.06

Der alte Fuchs und die jungen Hühner

In Kleinmachnow lernen Schüler Prominente zu fotografieren

Von Dirk Becker

Kleinmachnow - Von Verlegenheit keine Spur. Da vorn sitzt Klaus Uwe Benneter, 58 Jahre alt, Jurist, seit 1965 Mitglied der SPD, Bundestagsabgeordneter und, mit Verlaub, ein alter Fuchs auf dem manchmal spiegelglatten Parkett der Pressekonferenzen. Vor ihm sitzen 29 Mädchen, sozusagen junge Hühner im Geschäft des Journalismus. Den einzigen Jungen in dieser Runde können wir vernachlässigen, er sagt während des gesamten Gesprächs sowieso kein Wort. Alle haben ein Blatt mit einem kurzen Lebenslauf von Benneter bekommen. Oben rechts befindet sich ein kleines Bild des Politikers, das vor längerer Zeit entstanden sein muss. Das sind alle Informationen. Den Rest soll das Gespräch bringen. Und da zeigen die Schülerinnen keine Scheu.

Montagnachmittag im Kleinmachnower nH Hotel: Das Teen-Vision-Projekt „Teenager fotografieren Prominente“ geht in den dritten Tag. 300 Schülerinnen und Schüler zwischen 12 und 17 Jahren aus Brandenburger und Berliner Schulen hatten sich für das Projekt beworben, mit Bildern zum Thema Freundschaft. 30 davon wurden ausgewählt, an dem einwöchigen Workshop teilzunehmen, um mehr über den Beruf des Fotografen zu erfahren. Allein neun von ihnen kommen von der Potsdamer Peter-Joseph-Lenné Schule, darunter auch Carolin Janoschek aus Ferch.

Im Jahr 2003 gründete die Berliner Fotografin Claudia Buhmann den Verein Teen Vision e.V. als „kreatives Schülerprojekt in Kooperation mit Unternehmern aus dem Medienbereich, unterstützt durch bekannte Personen aus Politik, Wirtschaft, Medien und Sport“. Zwei Wettbewerbe mit anschließendem Workshop haben in den vergangenen Jahren stattgefunden. Einmal wurden Schauspieler, beim anderen Mal Sportler fotografiert und befragt. In diesem Jahr sind die Politiker dran. „Hinter den Kulissen – Politiker hautnah“ lautet das Motto.

Klaus Uwe Benneter ist der erste Politiker, den die Schülerinnen „hautnah“ erleben dürfen. Am Vormittag war er noch in Essen bei einer Sitzung. In Berlin gelandet, ist er gleich nach Kleinmachnow gekommen, um sich den „Wählern von morgen“ zu stellen. Gelassen sitzt Benneter auf seinem Stuhl, neben ihm Kerstin Holz, die den Workshop leitet und das Gespräch moderiert. Benneter ist bei keiner Frage um eine Antwort verlegen. Zwar sitzen vor ihm nur 12- bis 17-Jährige, doch als Leichtgewichte sieht er sie nicht. Selbst bei der Frage, ob er sich auch mal als Cowboy verkleiden würde, bleibt Benneter diplomatisch. Er würde darauf verzichten. „Mir stehen keine Hüte“, sagt er mit leichtem Lächeln.

Dann plaudert Benneter aus seinem Privatleben, erzählt, dass seine Frau die bessere Autofahrerin sei und er sich bei ihr so sicher fühle, dass er oft genug auf dem Beifahrersitz einschlafe. Und so ganz nebenbei sammelt er die ersten Pluspunkte bei den jungen Frauen. Gefragt, welche Musik er denn so bevorzuge, ob die Stones oder die Beatles, überlässt Benneter auch dieses Mal das Feld seiner Frau. Sie sei diejenige, die die Musik auswähle und dabei auch immer den Geschmack ihres Gatten treffe. Einer von vielen Gründen, warum Benneter sich als einen „glücklich verheirateten Mann“ bezeichnet. Diplomatie ist die hohe Kunst der Politik und Benneter präsentiert sich hier in Höchstform.

Als dann Fragen nach etwaigen Jugendsünden kommen, gibt Benneter zuerst nur das übliche Äpfel stehlen zu. Moderatorin Kerstin Holz hakt in ihrer hartnäckig-schnippischen Art nach und erfährt, dass Benneter mal ohne Führerschein mit dem Mofa unterwegs war, natürlich nur in der Kiesgrube und natürlich gleich gestürzt sei und sich das Bein am Auspuff verbrannt habe. Und dann kommt der gestandene Politiker doch noch kurz ins Straucheln.

„Wer ist denn nun besser, Schröder oder Merkel?“ Hier lässt sich Benneter Zeit mit der Antwort und plädiert dann für Schröder. Nicht aus SPD-Treue wie er betont, sondern aus tiefster Überzeugung. Es folgt der obligatorische Fototermin. Und hier erzählen einige der Mädchen, dass sie doch lieber Schauspieler interviewt hätten. Nicht gleich die ganz großen Stars aus Hollywood, deutsche Seriendarsteller hätten es auch getan. Aber um die Grundlagen im Fotohandwerk zu erlernen, da reichen auch Politiker. Benneter war der erste, es folgen noch Laurenz Meyer, Klaus Böger und Renate Künast, am Samstag endet dann der Workshop. Die entstandenen Fotos sollen im September in einer Ausstellung zu sehen sein. Und wer weiß, vielleicht ist das für die eine oder andere der Beginn einer großen Karriere, wo das Fotografieren von Hollywoodstars zum Alltag wird.