Potsdamer Neueste Nachrichten 17.12.05
Nach jahrelangem Ringen haben die Gemeindevertreter nun
einer Bebauung des Areals zugestimmt
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Es ist so manche Schlacht
in den vergangenen Jahren um den Kleinmachnower Seeberg geschlagen worden. Das
strategische Potenzial, das auf der Anhöhe über dem Machnower See zu sichern
galt, wurde dabei äußerst unterschiedlich bewertet. Für die einen sind die 42
Hektar der letzte zusammenhängende Grünzug der Region, reich an Fauna und Flora
sowie ein kulturhistorisches Denkmal, das es zu verteidigen gilt. Für die
anderen ist es ein Filetgrundstück, das nach Vermarktung schreit. Es tobte ein
zäher und ständiger Kampf um Baumassen einer- und Grünflächen andererseits.
So war es nahezu konsequent, dass jene Streiter für ein verträgliches Maß an
Bebauung nochmals die Klingen wetzten, als es am Donnerstag zur letzten
Schlacht ging. Noch einmal stritten sie um den Umfang künftiger Bauten, der
Investoren zugestanden werden soll, bevor man sich vertraglich mit ihnen einigte.
Nach vielen untauglichen Versuchen, für
den Seeberg eine Nutzung zu finden, sind in den vergangenen Monaten die Ideen
für einen Bildungscampus zu einem Konsens gereift, so dass dieser zum Inhalt
eines Bebauungsplans (B-Plan) gemacht werden soll. Mit der Berlin Brandenburg
International School (BBIS), seit vier Jahren auf dem Seeberg, gibt es zudem
seit dieser Woche einen neuen Eigentümer und Investor für das Areal. Vorgestern
nun sollten die Gemeindevertreter den Vorentwurf für den B-Plan und einen städtebaulichen
Vertrag mit der BBIS absegnen. Auch die Telekom AG ist nach vielen Jahren des
Disputs zum Vertragspartner der Gemeinde anvanciert – denn noch ist sie
Eigentümerin der Hakeburg. Für dieses soll mit einem städtebaulichen Vertrag
das Entwicklungsziel für ein Hotel garantiert werden. Campus und Hotel sind
inzwischen im Vorentwurf des B-Plans skizziert, auf dem darin festgelegten
Bauvolumen fundieren die städtebaulichen Verträge. Mehr noch: Die Bebauungsmaße
haben eine wirtschaftliche Dimension, denn erst die Möglichkeit, bisherige
Freiflächen in Bauland umzuwandeln, macht die BBIS kreditwürdig. Erst mit einer
Größe, die Wirtschaftlichkeit garantiert, lässt sich für die Telekom ein
Hotelinvestor für die Hakeburg gewinnen. Doch regten sich in nahezu allen
Fraktionen des Ortsparlaments Vorbehalte, denn der im Vorentwuf vorgeschlagene
Bauumfang erschien zu groß. Zudem konnte man sich nicht damit anfreunden, dass
sich keinerlei Angaben finden, in welcher Form die BBIS das so genannte
„Sondergebiet 2“ für eine künftige Erweiterung ihres Schulcampus’ bebauen will.
„Doch nur aus der Art der Bebauung lässt sich die Verträglichkeit ableiten“,
betonte der CDU-Abgeordnete Fred Weigert.
Eine bebaubare Fläche von 8340 Quadratmetern und eine dreigeschossige Bauweise
sichert der Vorentwurf der BBIS in dem Sondergebiet zu. Zu viel – empfanden
schon im Bau- und auch im Umweltausschuss zahlreiche Abgeordnete. Zu üppig
hielten sie zudem einen 90 Meter langen Hotelneubau mit drei Stockwerken neben
der Hakeburg. Folgerichtig drängten sie in der finalen Runde am Donnerstagabend
auf eine Reduzierung, was Bürgermeister Wolfgang Blasig zu dem Hinweis
veranlasste, dass damit den Zielen der BBIS und Telekom die wirtschaftliche
Grundlage entzogen würde. Die städtebaulichen Verträge würden somit platzen und
die Zukunft des Seebergs wäre für lange Zeit verspielt. „Dies ist eine
Feststellung, keine Drohung“, betonte Blasig, während
BBIS-Aufsichtsratsmitglied Frank H. Walter-von Gierke das Kompendium des
städtebaulichen Vertrages in den Händen hielt – bereit, es zu zerreißen, wenn
es zu Änderungen käme.
All die Jahre begleitete ein Wort die Diskussionen um den Seeberg: Kompromiss.
Ein solcher war es dann auch, als man die Forderung nach einer Reduzierung der
Baumaßnahme zurückzog und lediglich darauf beharrte, dass die von der BBIS
beabsichtige Nutzung für das Sondergebiet definiert wird. Außerdem legten die
Gemeindevertreter fest, dass die Zufahrt zum geplanten Hakeburg-Hotel nicht von
der Straße Am Hochwald über den Seeberg, sondern ausschließlich vom
Zehlendorfer Damm erfolgt. Die gesamte verkehrliche Erschließung des Seebergs
soll so geregelt werden, dass kein Durchgangsverkehr ausgelöst wird. Eine
Wegeführung innerhalb der Grünanlagen, der Spandauer Teich, die Biotope und Naturdenkmale,
die vorhandenen Eichen-, Linden- und Plantanenalleen sollen in den Entwurf gut
erkennbar einbezogen werden.
Mit diesen Festlegungen fand der Vorentwurf des B-Plans letztlich die
Zustimmung von 24 Gemeindevertretern, lediglich zwei enthielten sich. Noch nie
hat es während der jahrelangen Diskussion ein so deutliches Votum für eine
Gestaltung des Seebergs gegeben. „Ziemlich zufrieden“, zeigte sich daher
SPD-Vertreter Jens Klocksin. „Die Mühe war nicht umsonst“, resümierte Herbert
Franke von der UBK/WIR-Fraktion, der zu den eifrigsten Streitern für einen
sensiblen Umgang mit dem Kleinod zählt.
Aufatmen auch auf der anderen Seite. „Die für uns notwendigen Baumassen sind
nicht reduziert worden, die wirtschaftlichen Eckdaten unserer Finanzierung sind
gesichert“, bilanzierte Walter-von Gierke für die BBIS. Die Internationale
Schule wird in den kommenden Jahren mehrere Millionen Euro in den Standort
investieren, um einen Campus für 800 Schüler zu entwickeln. Zum
Bildungsstandort werden zudem die dritte kommunale Grundschule sowie die
Waldorfschule gehören. Da die BBIS bei dem Seeberg-Erwerb auch die Flächen der
Waldorfschule gekauft hat, diese aber selbst Eigentümerin ihres genutzten
Areals werden will, stehen zwischen beiden Kaufverhandlungen an. „Ich gehe
davon aus, dass wir im Januar Gespräche führen werden“, so Harro Volkmar,
Geschäftsführer der Waldorfschule.
Der vorgestern bestätigte Vorentwurf eines B-Plans, der nun zur frühzeitigen
Bürgerbeteiligung ausgelegt wird, sowie der Abschluss der städtebaulichen
Verträge, sind der vorläufige Abschluss einer langen Odyssee über den Seeberg.
Von einem gigantischen Servicecenter mit 2500 Arbeitsplätzen für die Telekom AG
– die den Seeberg mit den ehemaligen Reichspostbauten nach der Wende übertragen
bekam – über eine Bebauung mit 160 exklusiven Villen wurden die überzogenen
Pläne auf ein konsensfähiges Maß reduziert. Mit dem Bildungscampus wurde eine
Nutzung gefunden, die im gesamten Ort akzeptiert wird. Mit dem Vorentwurf ist
jedoch kein Stadium des Zurücklehnens erreicht. Im Gegenteil: Für
CDU-Gemeindevertreter Weigert ist die Gestaltung des Seebergs der Beginn der
„Stadtreparatur Kleinmachnows“.