Potsdamer Neueste Nachrichten 26.11.05

 

Für die "wilden Kinder" von Namkem

Kleinmachnower Spenden helfen beim Aufbau der "Schule des Lebens" in Thailand

Von Dirk Becker

Kleinmachnow - Was sollen schon 10, 20 oder 30 Euro bewirken? „Viel“, sagt Jürgen Zimmer, nachdem er am Donnerstagnachmittag im Kleinmachnower Rathaus einen Scheck über 5820 Euro bekommen hat. Spenden aus der Initiative „Kleinmachnow hilft direkt“, mit der die Gemeinde den Opfern der Flutkatastrophe in Südasien vom Dezember 2004 helfen will.

Knapp 3000 Euro hatten Schüler der Eigenherd- und der Steinweg-Grundschule sowie der Förderschule am Schleusenweg gesammelt, fast 2000 Euro kamen während der Festwoche zur Eröffnung des Rathauses zusammen. Der Rest stammt von Kleinspenden zwischen 10 und 30 Euro. Und auf die ist Zimmer, auch knapp ein Jahr nach dem Spendenboom, noch immer angewiesen.

In Namkem, im Süden Thailands, entsteht derzeit eine „Schule des Lebens“ für Kinder, die ihre Eltern während der Flutkatastrophe verloren haben. Im kommenden April soll sie fertig sein und über 180 Kindern ein neues Heim geben. 377 000 Euro soll das Projekt kosten, jährlich werden dann 242 000 Euro für den Betrieb gebraucht. Die Kleinmachnower Spende soll hier ebenso beim Aufbau helfen wie das Engagment des Landkreises Potsdam-Mittelmark, der Anfang des Jahres die Patenschaft für das Schulprojekt übernahm.

Seit 2001 ist der Pädagogikprofessor und Initiator des Schulprojekts in Thailand aktiv. Zimmer hat im Norden des Landes, in Chiang Mai, bereits eine Schule aufgebaut. 120 „wilde Kinder“, wie sie Zimmer nennt, leben mittlerweile hier. Unter ihnen auch der sechsjährige Cob.

Vor zwei Jahren kam Cob in Zimmers Schule. Seine Eltern sind tot, seine Großmutter ist mit dem Jungen überfordert. Sie steckte ihn in einen alten Fernsehkarton. Der war von nun an Cobs Welt. Erst bei Zimmer lernte Cob, dass die Welt mehr zu bieten hat, als die dünnen Wände eines Pappkartons. Dann ist da der Junge, der den Schmutz von Autoreifen leckte und erst lernen musste, dass er auch Reis und Gemüse essen kann. Oder das kleine Mädchen, dass sich die Haare ausriss, weil es in jedem Dorf, in dem es um ein wenig Essen bettelte, mit einem Steinhagel empfangen wurde.

„Für 60 Euro können Kinder wie Cob einen Monat lang bei uns versorgt werden“, berichtet Zimmer. Das umfasse auch die oftmals notwendige medizinische Betreuung. „Darum sind wir auf jede noch so kleine Spende angewiesen.“ Denn Zimmers Hilfe soll eine Hilfe fürs Leben sein. „Neben der Schule in Namkem bauen wir Touristenunterkünfte. Damit soll in Zukunft die Anlage finanziert werden. Doch bis es soweit ist, vergehen noch Jahre.“

Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) hofft, dass die Gemeinde auch weiterhin Unterstützung für die „Schule des Lebens“ leisten kann. „Viele Kleinmachnower wollten nach der Katastrophe etwas tun, darum haben wir die Initiative „Kleinmachnow hilft direkt“ gegründet“, sagt Blasig. Doch er muss eingestehen: Die Spendenbereitschaft der Kleinmachnower hat nachgelassen. „Es ist schwer, über Monate hinweg die Menschen von der Notwendigkeit dieser Hilfe zu überzeugen.“ Mancher habe da eher für die Opfer des schweren Erdbebens Anfang Oktober in Kaschmir gespendet. Doch Blasig glaubt an die Zukunft von „Kleinmachnow hilft direkt“.

„Wir werden an die Schulen gehen und dort erzählen, was wir in Thailand leisten können“, sagt Blasig. Über die Kinder erreiche man auch die Eltern, ist er sich sicher. Doch er hätte sich gewünscht, dass vorgestern mehr Kleinmachnower als die 20 Gäste ins Rathaus gekommen wären. Denn Geschichten wie die von Cob sind überzeugende Argumente. Doch könne Balsig auch mit der Wirkung von Zahlen argumentieren. Gefragt, was mit den 5820 Euro der Kleinmachnower in Thailand finanziert werden kann, antwortet Zimmer, dass man davon ein Haus für eine Familie bauen könne. Oder einen Lehrer für ganze zwei Jahre anstellen.

Spenden bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, Bankleitzahl 160 500 00, Konto 35 23 00 65 45 unter dem Stichwort: Kleinmachnow hilft direkt.