Potsdamer Neueste Nachrichten 22.11.05

Erhitzte Klimaschützer

Kleinmachnower Agenda-Gruppe fühlt sich ignoriert und brüskiert – eine Kritik, die nicht neu ist

Kleinmachnow - Als Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig während eines Agenda-Forums vor vier Jahren seiner Verwaltung selbstkritisch eine gewisse „Zurückhaltung“ gegenüber den örtlichen Initiativen um mehr Nachhaltigkeit attestierte, galt das als hoffnungsvolles Zeichen. Schließlich ist Einsicht der erste Schritt zur Besserung. Vier Jahre danach werfen die Klimaschützer unter Agenda-Aktivisten dem Bürgermeister vor, sich nicht viel weiterbewegt zu haben. Im Gegenteil: „Er brüskiert engagierte Bürger“, so die erhitzen Gemüter in der Klima-Gruppe.

Als Beleg für ihre harsche Kritik führt Arbeitsgruppen-Sprecher Ingo Birkholz Bauvorhaben der Gemeinde an, bei denen sich die Klimaschützer vergeblich um nachhaltige Wirkung bemüht haben. „Drei Jahre lang andauernde Versuche, bei Baumaßnahmen wie beim Bürgerhaus oder Eigenherd-Sporthalle, rechtzeitig am Planungsprozess beteiligt zu werden, waren erfolglos“, resümiert Birkholz. Zwar habe es Gespräche gegeben, doch seien dabei gemachte Zusagen und Versprechungen nie erfüllt worden. Vorschläge, die zu einem geringeren Energieverbrauch und weniger Betriebskosten geführt hätten, seien verpufft. Stattdessen sei auch für den Laien zu erkennen, dass das Bürgerhaus unter klimatechnischen Aspekten den Anspruch der Nachhaltigkeit nur mangelhaft erfüllt: Heizkörper bis unter die Decke und Regelventile direkt über dem Fußboden geißeln die Klimaschützer wärmetechnischen Unsinn, den Verzicht einer Solaranlage als fehlendes Verständnis für regenerative Energien. „Die Zeichen der Zeit für mehr Klimaschutz werden nicht erkannt“, beklagt Birkholz.

Der Vorwurf ist nicht neu: Kleinmachnows Agenda-Pionier Walter Haase predigt schon seit über einem Jahrzehnt für ein besseres Klima im Ort. „Zwar kann Kleinmachnow nicht die Welt retten“, relativierte er einmal globales Denken um die Möglichkeiten einer kleinen Kommune, doch könnten Signale gesetzt und gute Beispiele gegeben werden. Auf diese warten die Klimaschützer bislang vergeblich, stattdessen bescheinigt Haase den Planungs- und Entwicklungsfirmen, die das örtliche Baugeschehen dirigieren, „Null Ahnung“, wenn es um Nachhaltigkeit gehe. „Da ist kein Bemühen zu erkennen“, konstatiert Haase, gute Vorschläge indes würden sabotiert.

Selbst in den Gremien des Ortsparlament vermisst Haase für ein prima Klima die nötige Fürsprache. Dabei hätte man sich das von einem vor fünf Jahren verabschiedeten Agenda-Leitbild durchaus versprochen. In vielerlei Bereichen sieht Haase das Papier jedoch zu einem Muster ohne Wert degradiert, die Anlage eines Wanderweges entlang des Teltowkanals oder die Beschilderung einiger seltener Gehölze im Bäketal können den Mangel an Erfolgsprojekten nicht retuschieren. An der Klima-Front unternahm das Ortsparlament einen zaghaften Vorstoß, indem es ein Berliner Institut beauftragte, an Kleinmachnows Schulen ein Energiesparprojekt zu entwickeln. Die Agenda-Gruppe sah damit eine ihrer Ideen aufgegriffen, zugleich fühlte sie sich ignoriert, weil ihre Teilnahme an dem Projekt zu keinem Zeitpunkt diskutiert wurde. Und so ärgert sich Gruppen-Sprecher Birkholz zunehmend, dass „zur Mitwirkung bereite Bürger zu öffentlichen Kritikern“ gestempelt werden.

Gegenüber der Presse bedauert Bürgermeister Blasig das Fehlen eines Referenzobjekts, das den sehr wohl geführten Dialog mit den Klimaschützern dokumentieren würde. Deren Kritik an sich sei zu pauschal und manche Vorschläge hätten sich als zu revolutionär für eine Umsetzung erwiesen, rechtfertigt sich Blasig.

Die Klimaschützer können sich an diesen Worten kaum erwärmen: Bürgermeister und Verwaltung hätten der Gemeinde die Chance genommen, eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Obwohl einige in ihren Reihen entmutigt seien, will die Gruppe nicht aufgeben: „Klimaschutz wird an Brisanz gewinnen, das Interesse an lokalem Handeln wird steigen“, ist Birkholz überzeugt. Immerhin hat sich in diesem Jahr mit dem Eintritt Kleinmachnows in das Klimabündnis europäischer Städte etwas bewegt. Noch vor einigen Jahren wurde Walter Haases Vorschlag für einen Bündnis-Beitritt mit dem Vorbehalt begegnet, Kleinmachnow sei eine Gemeinde und keine Stadt. Inzwischen denkt man wohl globaler. Peter Könnicke