Potsdamer Neueste Nachrichten 05.11.05


Abschiedsbrief am Baum

Morde auf offener Straße: Michael L. aus Kleinmachnow tötete seine Noch-Ehefrau und deren Freund in Ludwigsfelde und erhängte sich im Garten

Kleinmachnow/Ludwigsfelde - Die Nachbarin hört einen lauten Streit. Als sie aus dem Fenster ihres Hauses in der Oderstraße in Ludwigsfelde sieht, erblickt sie ein Horrorszenario: Auf offener Straße attackiert ein älterer Mann ein Pärchen, schreit und sticht auf seine entsetzten Opfer ein, ein Mann geht zu Boden, wenig später auch eine Frau.

Um 18.50 Uhr geht am Donnerstagabend bei der Polizei der Notruf der Nachbarin ein. Als Polizisten und Notärzte in der Oderstraße eintreffen, ist ein Mann tot und eine Frau liegt im Sterben. Der Täter ist da schon in seinem Auto, einem VW-Touran, auf dem Weg von Ludwigsfelde nach Kleinmachnow, wo er sich wenig später an einem Baum in seinem Garten im Seemannsheimweg erhängt.

Im Sterben kann Cornelia L. den Polizisten noch zuraunen, dass ihr Noch-Ehemann sie und ihren neuen Freund angegriffen hat. Den Namen kann sie nicht mehr nennen, Cornelia L. (52) stirbt an schweren Stichverletzungen im Hals- und Kopfbereich.

Wenig später wissen die Beamten, dass der Gatte der verstorbenen Cornelia L. der 54-jährige Michael L. aus Kleinmachnow ist.

Als sie am späten Donnerstagabend im Seemannsheimweg ankommen, entdecken sie die Leiche von Michael L. an einem Baum hinter dem Einfamilienhaus. Er hat sich mit einem Seil erhängt; an den Baum einen Abschiedsbrief gepinnt, in dem er die Tat zugab. Im Haus des passionierten Sammlerss von Miniaturbüchern finden die Polizisten ein Schriftstück, in dem der tote Doppelmörder seinen letzten Willen festgehalten und geregelt hat, was aus seiner Firma und dem Familienvermögen wird. Polizei und Staatsanwaltschaft sprachen gestern von dem „klassischen Muster einer Beziehungstat“. Michael L. sei nicht damit zurechtgekommen, dass sich seine Frau von ihm getrennt hat. „Er hat den Weg aus dieser Beziehung nicht gefunden“, sagt ein Bekannter der Familie. „Es hat wohl auch an ihm genagt, dass seine Frau ihn verlassen hat – für einen jüngeren Mann“, sagt ein Ermittler.

Der neue Mann im Leben von Cornelia L. war der 43-jährige Lutz S. aus Ludwigsfelde. Der selbstständige Metallbaumeister hatte Haus und Werkstatt in der Oderstraße, war ein anerkannter Leichtathlet im Ort – Läufer und Vorstandsmitglied beim LLV Ludwigsfelder Leichtathleten e.V. Ihn hat der gekränkte, tief verletzte Michael L. vor den Augen seiner Nachbarin mit mehreren Messerstichen niedergestreckt.

„Der Täter hat das Paar offenbar ausgespäht – er wusste, wo sich die beiden zur späteren Tatzeit aufhalten werden“, sagt ein Ermittler. Nach ersten Erkenntnissen hatte sich Michael L. in einem kleinen, an die Ludwigsfelder Oderstraße grenzenden Wäldchen versteckt und seinen beiden Opfern aufgelauert.

Den ganzen Freitagnachmittag durchsuchen Beamte der Landeseinsatzeinheit (LESE) der Polizei den kleinen Hain nach Spuren und der Tatwaffe. Am späten Nachmittag finden sie dann das blutige Messer, mit dem Michael L. seine Frau und Lutz S. erstochen hatte. Das Küchenmesser mit einer etwa 20 Zentimeter langer Klinge hatte Michael L. aus seinem Haus in Kleinmachnow mitgenommen und nach der Tat auf der Flucht weggeworfen.Peter Tiede